Bernhard, Thomas – Die Auslöschung

(1988 | 600 S.)

Meinung

Cornelia meint:

Wirklich nichts wie Haß. Es kristallisiert sich auf Nazi-Österreich und die katholische Kirche. Nur in Rom kann man leben, wo der Geliebte der Mutter, Kardinal Spadolini, das Theater ästhetisch vervollkommnet hat und ein Schüler, Gambetti, zum Revolutionär geformt werden soll. Am Ende vererbt er das Anfangs durch Tod der Eltern und des Bruders ihm zufallende Erbe an die israelisische Kultusgemeinde Wien, dessen Vorsteher, Eisenberg, sein geistiger Freund war. Das ist eine Art symbolischer Rückgabe des in Österreich arisierten Guts. Für mich erschreckend, wie hier die Auslöschung als „aus jüdischem Geist“ oder „Geistesverwandtschaft mit Jüdischem“ motiviert wird. Das ist Futter für jeden Antisemiten, wo es sich doch vordergründig gegen Antisemitismus wendet. Also indem er die gesamte eigene Kultur schlechtmacht, bleibt nur das Opfer dieser Kultur in Geltung. Der Anti-Antisemitismus als Folge des Selbsthasses von Menschen, deren Kultur die Greuel des Antisemitismus zu verantworten haben.  So kommt man nicht aus der Schuld raus!

Positiv nur Maria, hinter der sich Ingeborg Bachmann verbirgt, die all seine eigenen Gedichte in den Müll wirft, überzeugend

Später denke ich: Das Buch erschien im Jahr der Waldheim Affäre. Tatsächlich hatte Österreich sich aus der Mitschuld am Nazismus rausgedrückt. Insofern ist B.‘s Hass auf alles Österreichische begreiflich. Und auch seine „Wiedergutmachung“ an den Juden im Erbe an sie.

Dennoch „fehlt das Positive“: Was es mit der Geistesbruderschaft mit dem Wiener Rabbi auf sich hat, erfährt man nie. Es ist ein Buch des Negativen, das sicher zu seiner Zeit eine Berechtigung hatte.

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 2. Hälfte
Seiten300-600
AutorBernhard, Thomas

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