Brentano, Clemens – Das Märchen von Gockel, Hinkel und Gackeleia

(ca. 1816 | 150 S.)

Meinung

Cornelia meint:

Das ist deutsche Romantik at its best. Wunderwunderschön, natürlich sehr über-barockisiert mit Bildungs und Kulturballast, – aber schon die Einleitung ist eine Kostbarkeit in Geschichte der Kindheit und der Fantasie, und gehört unbedingt mit dazu. Daß es einmal sowas gab!

Großartig, wie das Böse, wie die Fehler und die Faulheit und die Leidenschaften alle anwesend und erkannt sind, wie alles durchatmet ist von frommer Dankbarkeit und Gottestreue. Man sieht die menschliche Fehlbarkeit bei Hinkel und Gackeleia, und am Ende wird doch alles durch den Zauberring des Salomon gerettet, gefährdet, verloren, und doch wieder erlöst, weil dankbare Mäusekönige mithelfen.

Ein Märchen, zu dem man Kinder heranziehen muß. Einfach begeisternd, weil dies spielerisch und spannend, und zugleich ganz fromm ist. So kann man Märchen heiligen!

Naja. Gewinnend ist die Differenziertheit des Bösen: Nachlässigkeit, Faulheit, kleine Schwindeleien, Leidenschaften, alles nicht böse sondern nur sehr schädlich. Und daneben die drei alten Juden, die das wirklich Böse darstellen, obwohl auch sie nur ihren Interessen folgen und selbst das Glück haben wollen. Dabei aber Generationenübergreifend systematisch vorgehen. Natürlich ist es ein Elend, daß hier der Antisemintismus bedient wird.

Während im Vorigen es viel Dei ex machina gibt, gibt es hier auch noch diaboli ex machina, damit das alles klappt.

Ulkig außerdem das Opfer-Motiv: Daß Gackeleia um der Kunstpuppe willen die Rute auf sich nahm, scheint eine Erlösungsfunktion zu haben. Merkwürdige Modifikation des Christus-Opfers.

Es gab eine Vorlage im Pentamarone von Giovanni Battista Basile, und das müßte man mal angucken.

Ob ich sowas einem Kind vorlesen würde? Weiß ich nicht.

Info

Erscheinungsjahr19. Jh., 1. Hälfte
Seiten100-300
AutorBrentano, Clemens

Kommentare

Kommentar zu: Brentano, Clemens – Das Märchen von Gockel, Hinkel und Gackeleia.

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