Cather, Willa – Meine Antonia

(1918 | 300 S.) Große Literatur, und eine bezaubernde Reise in die Welt der Kolonisation von Nebraska.

Meinung

Cornelia meint:

Große Literatur, und eine bezaubernde Reise in die Welt der Kolonisation von Nebraska. Ich lese diese Geschichte eines dorthin verpflanzten Jungen, der sein eigenes Aufwachsen und das Leben der 4 Jahre älteren Neu-Einwanderin Antonia beschreibt. Und doch ist es spürbar eine Frau, die hier durch den Mund eines Jungen und Mannes spricht. Sie nimmt Dinge wahr, wie nur Frauen sie wahrnehmen.

Auch dieses Buch bezaubert mich durch die Naturschilderungen, die eine wirkliche tiefe Liebe zur Schöpfung offenbaren, und durch den immer noch vom Christentum geprägten Habitus des Anstands und der Nächstenliebe. Da sind die baptistischen Großeltern mit ihrer lichten Frömmigkeit und  Weisheit, und der wirkungslose Katholizismus in Antonias Familie. Da ist das Kinderparadies, das dem Elend der böhmischen Einwanderer, auch der niedrigen Gesinnung von Mutter und Bruder trotzt. Dann die Kleinstadt, Schulalltag und das Heldentum der dort „in Dienst“ geschickten Farmer-Töchter, auch sie alle neu eingewandert, die durch ihr Geld die Maschinen und die Schulbildung der jüngeren Geschwister finanzieren, dabei selbst sich in Gefahr bringen. Einige emanzipieren sich und haben wirtschaftlichen Erfolg. Antonia, die Herrliche, unfähig, böses dort zu vermuten, wo sie liebt, wird mit Baby sitzengelassen. Und der Junge, der sie wie eine große Schwester liebte (mehr war nie drin) lernt, die Schande als Prüfung zu sehen und die herrliche Lebenskraft dieser Frau zu bewundern. Am Ende hat sie einen anderen Mann gefunden, 11 Kinder geboren, die Farm aufgebaut, und als Urbild des Lebens, der Tüchtigkeit, der Liebe zur Natur und der Mütterlichkeit schöpferisch gewirkt. Und der Autor, der das mit dem Heiraten nicht hingekriegt hat, wird der Onkel in diesem kleinen Kosmos.

Sehr spannend ist das alles geschrieben.

Und doch sehe ich trotz aller christlich-moralischen Prägung ein neues Heidentum sich auftun. Das beginnt schon beim Erleben der Prärie durch den neu angereisten Jungen: „Das Glück als Sich-Auflösen in einem anderen – in der Natur.“ Am Ende ist dieser Pantheismus aufgehoben in der Vergöttlichung einer schöpferischen Persönlichkeit. Aber in diesem neuen Heim-Himmel wird nicht mehr vor Tisch gebetet. Und die Autorin merkt es nicht.

Es ist also eines jener Bücher, in denen man mit Alexander Schmemann die Herrlichkeit der Welt erleben kann und zu denen man einfach nur das Licht der Gottesliebe hinzufügen muß, um alles abzurunden. Wenn man diesen Kontext hinzufügt, wird alles gut. Dann bleibt man nachher nicht auf der Armseligkeit einer bloßen Vergöttlichung von „Leben“ hängen. Jugendliche sollen das unbedingt lesen, aber man muß über diese Armseligkeit mit ihnen reden.

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 1. Hälfte
Seiten100-300
AutorCather, Willa

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