Hearn, Lavcadio – Kyushu

(Anfang 20. Jh. | 280 S.)

 

Meinung

Cornelia meint:

Bis Seite 150 dieses Buches habe ich gedacht: Das ist jetzt so tierisch langweilig – das muss ich mir nicht antun, wenn ich es schon sonst niemandem empfehlen kann. All diese weitschweifigen Reflexionen, das reisst doch keinen vom Hocker.

Und dann hatte ich so ein paar kleine eheliche Missstimmigkeiten, und ich bemerkte, wie das ständige Evangelium der Selbstlosigkeit, das in diesem Beuch besonders zum Lobe der Frauen gesungen wird, in meinem Herzen eine Nische gefunden hat, wo es sich wohlfühlt und ab und zu Botschaften ins rauhe Leben abschickt. Ich merkte, wie die bloße Lektüre über vorbildliches Verhalten meine Seele tatsächlich für den Wunsch nach solcher Vorbildlichkeit sensibel macht. Es ist mir also genau das passiert, was ich mir immer wünschte, dass es den jungen Leuten passieren sollte, die lesen, was ich empfehle. Nämlich, dass sie Ideale kennenlernen, deren Schönheit sie inspiriert. Und so komme ich denn doch nicht darum, im Wust der buddhistischen Reflexionen (die mich nerven) nach den Perlen der kleinen Erzählungen zu fischen, die ich wunderschön finden muss, Buddhistisch oder nicht.

Der Traum eines Sommertags

Schön das Märchen vom Fischerknaben Urashima Taro. Weiter hinten gibt es Reflexionen dazu. Und ein Märchen vom Holzhacker und seiner Frau

KK

Mit Schülern der Provinz Kyushu

Die Beschreibungen dieser jungen Leute sind bewegend, wo er ihre Aufsätze zitiert, die Einblick in ihre Seelen geben. Besonders über ihren ersten Schulbesuch und diese Geschichten sind für kleine Kinder schön. Für Jugendliche interessant sind die moralischen Bewertungen der Klassiker europäischer Literatur.

Jg, KK

Fragmente vom Leben und vom Tode

Schön die Geschichte vom Raubüberfall auf die Färberfamilie, und interessant die Geschichte über die Rache aus beschädigter Ehre für Größere

KK, GK

Rote Hochzeit

Eine tragisch ausgehende, außerordentlich rührende Liebesgeschichte, bei der allerdings der Konflikt (Stiefmutter will Familienvorteille, indem sie Tochter an alten Reichen verheiratet) allzu gründlich mit mangelnder Bildung begründet wird. Eigentlich schön dargestellt dieser Doppelselbstmord im Vertrauen auf eine Wiedergeburt und dann werden sie religiös verehrt von allen, die ihr Leiden mitempfinden. Diese Todesfreude ist die Nachtseite der bewundernswerten japanischen Kultur.

JG

Ein erfüllter Wunsch

Japan zieht in den Krieg gegen Korea und China. Patriotismus und Todesbereitschaft all dieser Jungs. Gespräch mit einem ehemaligen Schüler, warum der Tod nicht schlimm ist. Ein wichtiges Kapitel über eine Tugend, die uns hier verlorenging, weil sie zu arg ausgenützt wurde. Das war wohl damals in Japan nicht der Fall.

JG

In Yokohama

Bei einem alten Mönch stellt er Fragen, die er als Abendländer vom Buddhisten beantwortet haben will. Und führt vieles an, was die Abendländer mit ihrer Wissenschaft herausgefunden haben. Tatsächlich endet alles im Nirwana als Zustand des Sebstgenügens, Allwissens, Allwahrnehmens, Befreiung von allem Zwang, unendliche Vision, unendliche Weisheit und unendlicher geistiger Frieden. Es fehlt also durchaus Liebe und Verherrlichung, wie wir dies erhoffen.

Nach dieser Begegnung ist er 5 Jahre lang in einem anderen Distrikt als Lehrer angestellt, – und findet sich des-illusioniert durch das Land, das ihn so viele Jahre bezaubert hatte. Das Schöne ist vergangen. Einmal kriegt er das Gefühl nochmal zurück, aber dann wird alles irdisch. Er denkt an all diese Illusionen- und in der Erinnerung an den alten Mönch wird ihm wohl klar, dass diese Des-Illusionierung dazugehört, zum geistigen Weg. Er versucht, zurückzukehren, aber jener Mönch ist tot, und der neue hat nichts davon bewahrt. Er bittet den Jungen also nicht um seines Herzens Herzenswunsch: die Wiederkehr verlorener Illusionen. Denn das fände Buddha nicht richtig.

Das finde ich sehr eindrucksvoll, denn auch auf unserem Weg geschieht es, dass wir die Begeisterung und den Höhenflug der Jugend verlieren, und die Herausforderung ist es, in dieser Trockenheit immer noch Christus neben sich zu spüren und diese Trockenheit anzunehmen als einen Prüfstein der Liebe.

Jg

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 1. Hälfte
Seiten100-300
AutorHearn, Lavcadio

Kommentare

Kommentar zu: Hearn, Lavcadio – Kyushu.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert