Hearn, Lavcadio – Izumo

(um 1900 | 188 S.)

Lafcadio Hearn erklärte dem Westen Japan. In seinen an der Wende zum 20. Jahrhundert entstandenen Werken gelang es ihm wie keinem anderen westlichen Schriftsteller, tiefe Einblicke in die durch den … Google Books

Meinung

Cornelia meint:

Das sind Geschichten, die der Autor über seinen Aufenthalt als Englischlehrer in Japan erlebt hat

Aus dem Tagebuch eines Englischlehrers

Diese Erlebnisse haben mich sehr berührt. Man lernt ein uns fremdes, stilles, sanftes Ethos kennen, das beglückend wirkt. Nur – das Liebevolle ist dort, ähnlich wie bei Buddha selbst, ganz un-persönlich. Ich bin als Christ auf Personalität aus. Das ist eine andere Liebe als jene wertschätzende Sanftmut und Hingabe, die er bei seinen Schülern so ergreifend darstellt. Erschütternd das Verhungern dieser geistigen Kinder-Elite. Wenn die Jungs ihn schon besuchen, dann hätte er doch wenigstens paar chicken wings hinstellen können, damit die mal was anderes kriegen als Bohnenmus und Reis.

Jg

Die Geisha

Dargestellt aus der Perspektive des Genießers dieser einmaligen Schönheits-Kultur. Er beschreibt, wie bei einem Bankett die Mädchen tanzen und singen und lustige Spiele mit den Gästen machen. Immer ganz im Rahmen des Respekts. Aber die Mädchen wurden von armen Eltern an ihre Erzieher-Nutznießer verkauft und bilden dessen Verdienstquelle. Ihre einzige Hoffnung ist, rechtzeitig (bevor sie 18 sind) einen Mann zu finden, der sie heiratet. Das wird ihnen dann angekreidet als utilitaristische Perversion der Liebe. Ansonsten können diese Hochkultur-Artefakte nur sterben oder im Elend landen.  Es gibt dann noch eine ergreifende Liebesgeschichte aus alter Zeit, in der eine Geisha bis zur höchsten Aufopferung liebt.

Allerdings muss man bedenken, dass die Geishas es in ihren Mädchen-Häusern vermutlich immer noch besser hatten als auf den Bauernhöfen ihrer Eltern. Man wird hier, ähnlich wie bei den verhungernden Jungs der kaiserlichen Schulen, mit dem humanen Drama einer verfeinerten Hochkulturkultur konfrontiert. (Und wenn man an Freytags historische Durchgänge denkt, dann war auch bei uns die Kultur, die in unsere Identität und Geschichte einging, immer auf Leid, Unterdrückung und Entsagung der Armen erwachsen. Vermiest mir das meinen Bach und meine Wiener Klassik? Wohler fühle ich mich, ganzheitlich gesehen, unter der geistigen Hochkultur der Wüstenväter.)

Jg (Mädchen)

An der japanischen See

Bericht über eine Reise an der See entlang, über die nachtoldliche Fürsorge für die ertrunkenen Fischer, und verschiedene Geschichten über Armut und Tod und Geister. Ausgesprochen liebenswürdig, wie dieser Engländer so rücksichtsvoll in die fremde Welt eintaucht und das Willkommen seiner Gastgeber würdigt. Ein Vorbild in human brüderlicher Kulturerschließung, mit dem man gern seine Zeit verbringt.

Vielleicht kann man sowas den größeren Kindern doch schon zum Nachdenken geben.

GK

Das japanische Lächeln

Eine Analyse des Ethos der Höflichkeit, Selbstbeherrschung, Selbstlosigkeit, Rücksichtnahme, der westlichen Unfähigkeit, diese verfeinerte Kultur zu verstehen, und über die Gewissheit des Untergangs dieser Kultur. Das wird anhand des Lächelns, der Rücksichtnahme auf die Gefühle des Gegenüber, dargestellt, dann aber auch in den Rahmen einer Hingabe an Familie und Nation gestellt. Gerade heute, wo im Ukrainekrieg der Gegensatz zwischen dem (wirtschaftlich und technologisch erfolgreichen) Individualismus des Westens und dem (durch Korruption beeinträchtigten) Kollektivismus in Russland und China aufbricht, ist es erhellend, die humane Seite des japanischen Gemeinschaftsethos beschrieben zu sehen. Ganz klar setzt das westliche System größere Kreativität frei. Aber die Schönheit des Lebens haben sie im Osten besser kultiviert.

Ich meine, durch die vielen Geschichten, die diese Kultur anschaulich machen, wäre dieser Aufsatz auch etwas für junge Leute.

Jg

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 1. Hälfte
Seiten100-300
AutorHearn, Lavcadio

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