(1900 | 430 S.)
Meinung
Cornelia meint:
Brief an einen gelehrten Nachbarn
Irgendwie ironisch über die dummen Menschen und die Wissenschaft
Der Tod des Beamten
Ein kleiner Beamter niesst und trifft einen General vor ihm im Theater, und geht dem dann mit seinen ständigen Entschuldigereien tierisch auf die Nerven, der ihn endlich rauswirft, und – er stirbt. Der kleine Beamte.
Der Dicke und der Dünne
Schulkameraden treffen sich, der eine hat reussiert, der andere nicht. Und dieser andere schrumpft.
GK
Austern
Ein Betteljunge mit seinem Bettelvater. Sie stehen vor einer Gasstätte und der 8-jährige fragt, was Austern sind, daß man sie lebendig isst. Vor Hunger klappt er zusammen und ruft, daß er Austern will. Zwei Herren machen sich einen Spaß daraus, ihn mitzunehmen und ihn mit Austern zu füttern. Ihm tut das nicht gut und der Vater verhungert weiter
Der Jäger
Pelagia trifft den Mann, der sie ausgenutzt hat. Er findet das Dorfleben bei ihr zu langweilig. Dabei sind sie seit 12 Jahren verheiratet. Der Graf, bei dem er im Dienst ist, hat ihn aus Neid über seine Schießkünste betrunken gemacht und mit einer Viehmagd getraut. Sie liebt ihn, er aber hat eine andere. Grausam.
Grausige Verurteilung der Adels-Grausamkeit gegen die Leute.
HS
Unteroffizier Prisibeev
Der tyrannisiert das ganze Dorf mit seinem absurden Ordnungssinn. Verachtet die Bauern und treibt sie wie Vieh auseinander. Eine Leiche, er will das Prozedere einhalten, alles lacht ihn aus. Streit über Zuständigkeiten. Er schlägt die Leute. Es war nicht seine Sache. Eine alte Ordnung ist geschwunden und er versteht die Welt nicht mehr.
HS
Gram
Der alte Kutscher – von Kunden geschuriegelt, im Schnee, Sein Sohn ist gestorben, aber keiner will das hören, alle wollen nur korrekt gefahren werden. Schnee. Regen. Man flucht auf ihn . Er spricht von seinem Sohn, aber man verlacht ihn und schlägt ihn. Keiner hört ihn an.Armut. Am Ende erzählt er alles seinem Pferdchen.
Das ist jedenfalls für Kinder alles zu grausam. Für Heranwachsende vielleicht hilfreich.
JG+
Ihr Bekannter= Ein bekanntes Mannsbild
Wanda kommt aus dem Krankenhaus und hat nichts mehr. Jetzt versucht sie, Leute anzupumpen, die sie aus den guten Zeiten kannte. Und das geht bös schief. Und dann geht sie doch wieder in das Bordell.
Sozialkritisch über die Frauen außerhalb der Gesellschaft.
JG
Der Lehrer
Sysoev lehrt in der Fabrikschule und ist sehr alt, eigentlich schon fast gestorben, will aber noch zum Essen beim Fabrikbesitzer, wo er geehrt werden soll, wie immer. Seine Schüler sind immer die besten, aber über einen hat er sich geärgert. Er ist krank und geht trotzdem hin. Und er wird nicht genug geehrt, so wie sonst. Und er beschuldigt die Kollegen, daß sie seine Schüler durchfallen ließen. Er fängt mit allen Streit an. Und hält boshafte Tischreden. Lobt aber den Fabrikbesitzer. Dann loben ihn alle. Plötzlich verspricht man ihm, daß für seine Familie gesorgt werden wird. Da merkt er, daß man von seinem Tod spricht. Er weint. Hat nur noch eine Woche zu leben.
JG
Die Feinde
Dem Arzt ist grad der Sohn gestorben, aber er wird gerufen zu einer gefährlich erkrankten Frau. Kein Verständnis für den Schmerz des Vaters, Egoismus des Ehemannes. Endlich geht der Arzt mit. In ein Luxushaus. Und dann ist die Frau entwischt, und die ganze Krankheit war Betrug. Der Ehemann ist verzweifelt, der Arzt ist beleidigt, daß man ihn wegen einer Komödie von der leidenden eigenen Frau weggeholt hat. Jeder ist völlig gefangen in sich selbst. Arzt fühlt sich entwürdigt. Und im Arzt setzt sich ewiger Hass auf die „besseren Leute“ fest.
Brr. JG
Typhus
Im Zug fährt eine Offizier nach Moskau, ein Finne ihm gegenüber. Der Offizier fühlt sich schlecht, der Finne ist fidel. Zu Hause empfängt ihn Familie, er hat Fieber. Fieberträume. Genesung. Aber inzwischen ist die Schwester, die ihn pflegte, angesteckt wurden und gestorben.
JG
Schlafen, nur Schlafen
Das Kindermädchen wird von den Herrschaften so sehr ausgenützt, daß es nur schlafen will, auch wenn das Baby weint. Erinnert sich an den Tod ihres Vaters im Dorf. Träumt. Bis der Hausherr sie schlägt, weil das Kind weint. Träumt wieder, erwacht wieder. Träumt. Es ist morgen, und sie muß alle Arbeiten tun. Und endlich , in ihrer Erschöpfung, erwürgt sie das Kind, um endlich mal ruhig zu schlafen.
Interessant, wie Armut und Not zum Verbrechen führen.
JG
Eine langweilige Geschichte
Ein Professor wird, alt, seiner Familie entfremdet, nur eine Verwandte, Katja, ist lieb aber ein Problem. Kein Geld, er denkt an früheren Ruhm. Die Familie will immer Geld. Er träumt sich zurück in die Vorlesungen, seine große Zeit. Doktoranden kommen. Alles ziemlich furchtbar am Alter. Und dann geht auch noch Katja. Hat er sie wohl geliebt? Wer weiß.
Kann nix damit anfangen. Thomas Mann liebte das. Klar.
Der schwarze Mönch
Beschreibt, wie ein Wissenschaftler verrückt wird und damit die Familie, die ihn liebt, ruiniert. Sein Wahnsinn ist Größenwahn und Hochmut.
Die Bauern
Bauern, die in der Stadt Arbeit gefunden haben, erkranken und kehren heim. Dort nichts wie Armut und Verrottung. Der kranke Mann stirbt, Frau und Tochter gehen bettelnd zurück in die Stadt. Hinterlassen die Schwägerin, die verzweifelt, weil sie ihre einzig Stütze verliert. Es zeigt die tiefe Verrottung der Bauern.
Gutes Antidot gegen Rumäniens Dorf-Idealisierung.
HS
Auf dem Wagen
Eine Lehrerin träumt vom Glück, einen einsamen Adeligen zu heiraten. Natürlich wird nichts daraus, außer einer Erkältung.
Der Mensch im Futteral
Zwei Leute erzählen einander Geschichten. Von einem Menschen, der im Futteral an allem vorbeilebt. Und das gilt auch für sie selbst.
Verachtung für jene, die kein Leben leben. Sicher für Heranwachsende inspirierend.
JG-
Die Stachelbeeren
Über die Idiotie eines Bruders des Erzählers, der nur mit Stachelbeeren glücklich wird.
Die Verachtung der Philister aus der Romantik rediviva.
JG
Ein Fall aus der Praxis
Arzt kommt zu Fabrikbesitzertochter die Seelen-krank ist vor sinnlosem Leben. Die 5 Fabriken und die tausende Arbeiter schuften nur, damit sie, ihre Mutter und Gouvernante gut essen können. Die Tochter findet im Arzt einen, der sie versteht, aber es kommt zu keinerlei Aussprache.
Allem liegt zugrunde die Annahme, daß die Arbeiter ausgesaugt werden für 3 Leute, die auch nicht froh sind. Daß da was produziert wird und Arbeiter ihre Familien ernähren können – das fällt flach. Nach der Revolution wird auch das nicht mehr klappen. Aber das sieht Chechov nicht.
Immerhin ein lehrreiches Buch über den Boden, auf dem der Sozialismus gedeiht.
HS
Die Dame mit dem Hündchen
Eine Liebesgeschichte über die Lebenslügen zweier Liebender, die sich verstecken müssen. Lüge und Wahrheit, ei ei.
Kann man mit Flauberts Femme de trente ans vergleichen.
Die Braut
Sie soll heiraten, und ihr Verwandter, arm und todkrank, beredet sie, zu studieren. Tatsächlich mag sie den Mann nicht und findet eh das ganze Gutsbesitzerleben furchtbar, weil man die Leute ausnützt und entwürdigt. Und am Ende entflieht sie und geht studieren.
Daß sie dadurch ihre Familie in der Kleinstadt unmöglich gemacht hat, denn die können sich nirgends mehr sehen lassen, das ist ein Kollateralschaden, den Chechov nicht ernst nimmt.
Am Ende wird die Studentin zur Hoffnung einer besseren Zukunft. Was für Irrtümer…
Immerhin ist dies ein lehrreiches Buch für Heranwachsende über den Fortschrittsglauben.
HS. JG-
Info
Erscheinungsjahr | 20. Jh., 1. Hälfte |
Seiten | 300-600 |
Autor | Tschechow, Anton |
Kommentar zu: Tschechow, Anton – Das Cechov-Lesebuch (hg. v. Peter Urban).