Ein großes Ereignis, welches unverhofft in unsere Vorbereitungen zur 3. DOM-Sommertagung hereinragte, war die 1. Theologische Konferenz zu Ehren des Hl. Justin von Čelije, des nach dem Hl. Nikolaj (Velimirović) wohl bedeutendsten Heiligen der Serbischen Kirche im 20. Jahrhundert. Sie wurde in der Verkündigungs-St. Justin-Einsiedelei bei Vr. Justin veranstaltet von Vr. Nil Lazarenco von der Skite des Hl. Spyridon (Geilnau) und vorbildlich unterstützt von Vr. Alexej Veselov und seinen Helfern aus der Hl. Barbara-Gemeinde Krefeld. Es gab glänzende Vorträge, von denen wir hoffen, dass wir sie demnächst gedruckt nachlesen können. Der DOM e.V. war mit zwei Referaten von Cornelia Hayes und Martin Rybacki vertreten. Sehr viele DOM-Mitglieder besuchten die Konferenz, so auch unser Beirat Erzpriester André Sikojev aus Berlin, und bezeugten so das große Interesse am Thema.

Ergänzend übernehmen wir den Bericht auf der Website der Russischen Orthodoxen Kirche der Hl. Großmärtyrerin Barbara:

Vom 10.-12. August 2023 fanden sich etwa 80 Interessierte verschiedenster christlicher Konfessionen (orthodox wie nicht orthodox) in der Verkündigungs-St. Justin-Einsiedelei zusammen, um sich in der 1. Konferenz dieser Art zum Thema „Eigenart der Orthodoxen Theologie: allgemeine Ansätze“ mit Gleichgesinnten auszutauschen und Antworten für ihr persönliches Glaubensverständnis finden zu können. Die Konferenz wurde von der klösterlichen Gemeinschaft mit Unterstützung von auswärtigen Mitarbeitern organisiert. Sowohl die idyllisch in Waldhessen gelegene Einsiedelei als auch die inhaltlich sehr gute Vorbereitung der Organisatoren boten einen wunderbaren Rahmen für ein grundlegendes Verständnis der orthodoxen Theologie, eine Stärkung des Glaubens durch die Vertiefung im gemeinsamen Gebet, viele neue Anknüpfpunkte aus persönlichen Erkenntnissen, Begegnungen sowie dem Beginn und der Vertiefung vieler Freundschaften..

Für viele sehr erkenntnisreich war die Beleuchtung des hellenischen Erbes im Christentum durch Äbtissin Irina Djordjic, welche sehr hilfreich ist, das Neue Testament im Kontext der damals gebräuchlichen philosophischen Begriffe des römischen Reiches zu verstehen, auf denen gezielt aufgebaut wurde, um die Lehre von Jesus Christus zu seiner Zeit gerade für Heiden verständlich zu machen. Mutter Andrea Vlachou legt in ihrer sehr eloquenten Rede dar, wie die Bibel als vom heiligen Geist inspiriert, aber von Menschen aufgeschrieben, sich dem rein intellektuellen Zugang verschließt und sich nur durch die Wirkung des Heiligen Geistes und die Kirche offenbart. Vater Justin Rauer legt dar, wie der Weg zu Gott durch „das Umgeisten“ (griechisch: Metanoia) erfolgt, bei dem wir uns „loslassen“ und als denjenigen wahrnehmen können, der wir vor Gott sein werden. Dieser Perspektivwechsel auf unser Potenzial in der Verherrlichung in Gott, legt die ungeschaffenen Energien frei, mit denen Heilung und Erleuchtung erst möglich werden. Abgerundet wurde der erste Konferenztag mit Vorträgen zur Theologie der Ikone und der Hymnographie der orthodoxen Kirche.

Der Tagungsraum während der ersten Sankt-Justin Theologischen Konferenz

Der zweite Tag beginnt mit den persönlichen Erinnerungen des S’chi-Archimandriten Basilius Grolimund an den Heiligen Justin von Čelije, dem die Einsiedelei geweiht ist. Danach trägt Marko Delić vor über die Wichtigkeit der Schriften der heiligen Väter für die orthodoxe Theologie, welche die mystische Bedeutung der Bibel aufdecken, die sich nur mit der Gnade Gottes offenbart. Das Studium ihrer Schriften ist elementar für die Erlangung der „festen Speise“ des Verständnisses, das nur den Vollkommenen vorbehalten ist. Bischof Hiob (Bandmann) adressiert die Zerrissenheit der deutschen Christen zwischen den Extremen, des Absolutismus des Papstes und des Individualismus mit der Bibel aus der Kirchengeschichte der ökumenischen Konzile und ihrer Bedeutung für die orthodoxe Theologie. Die Theologie der Heiligen ist für uns, wie von Cornelia Hayes vorgetragen, eine tägliche Erinnerung und Mahnung an ein vollendetes Leben in Gott, an dem wir uns Beispiel nehmen sollen. Mönch Nil Lazarenco zitiert den heiligen Johannes Klimakos in seinem Vortrag zur Askese und Theologie mit den Worten „Gehe den engen Weg und beenge deinen Bauch“ und führt aus, wie die orthodoxe Theologie eine asketische Lesung der Bibel erfordert und die Askese ihren Weg der Tugend nur zwischen zwei Extremen finden kann. In der Einführung in die mystische Theologie der Orthodoxen Kirche von Novize Christoph Lorentz bleibt der Satz in Erinnerung „Das Gebet einer Großmutter steht höher als gelehrte Ausführungen eines Theologie-Professors.“  Der letzte Tag wird eingeleitet mit einer wunderbaren Liturgie in deutscher Sprache, um sich später in drei verschiedenen Diskussionsrunden zu vertiefen, in denen viele Fragen zur Liturgie und Theorie und Praxis der Orthodoxie beantwortet werden können. Zurückbleiben viele leuchtende und dankbare Augen für die gemeinsame Zeit und die vielen Einblicke, die jeder Teilnehmer mit nach Hause und in sein Gebet nehmen kann. Die offene Frage von vielen am Ende war dann die nach der nächsten Konferenz, die sehnsüchtig erwartet und wohl auch bereits in ersten Planungen zu sein scheint. Nun bleibt es noch Dank zu sagen für alle die diese segenreiche, erleuchtete und heilsame Konferenz ermöglicht haben …

Quelle: https://www.rok-krefeld.de/de/index.php/news/

Gruppenfoto der Teilnehmer der Theologischen Konferenz

Rechtzeitig konnte mit DOM-Korrekturhilfe bei Hagia Sophia das Buch des Hl. Justin von Čelije „Betrachtungen zum Ökumenismus“ fertiggestellt werden:

Beschreibung

210 Seiten︱Broschur︱Zum Inhaltsverzeichnis

Edition Hagia Sophia, 21 Euro

           

Im Nachgang: Ein Resumee von DOM-Mitglied Patrick Bradley

Meine persönliche Zusammenfassung der Konferenz

Ein Theologe ist dasselbe wie ein Betender.

Das für viele Neue (aber nicht für die Kirche) ist, dass man Theologie eben nicht aus Büchern lernt, sondern durch Beten.

Beten bedeutet: die Geistkraft steht mit ungeteilter Aufmerksamkeit vor Gott.

Die Geistkraft ist das innere Organ der Seele, welches eben für das Beten zuständig ist. Seit dem Fall im Paradies ist die Geistkraft (gr. Nous) erkrankt und funktioniert nicht mehr richtig. Dafür gibt es die Kirche: zur Heilung der Geistkraft. Wie man bei den Heiligen sehen kann, funktioniert dies auch.

Das Halten der Geistkraft vor Gott ohne Unterlass ist der geistliche Kampf, den wir zu führen haben.

Im Gebet und den heiligen Mysterien in der einen ungeteilten Kirche bekommen wir Unerschaffene Energien, um das zu tun, wofür wir bestimmt sind:

Gott und den Nächsten lieben.

Das Lieben üben wir ein, indem wir aus Liebe zu Christus an uns selbst arbeiten, Christus immer ähnlicher zu werden. Dafür ist die Kirche mit ihrer Zeit und Raum sprengenden Gemeinschaft, geleitet vom Heiligen Geist der einzig passende Ort.

Nochmals vielen Dank für alles!

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