Wenn du es doch als Christ nicht wagst, geistige Lieder ohne Ehrfurcht zu hören, die dein Bruder verfasst hat – wie wagst du es dann, die Ikone ohne Ehrfurcht anzusehen, die er in Liebe statt in Kunstfertigkeit geschaffen hat?

(A. Chomjakow Die Kirche ist Eine)

Die wichtige Frage der Ikonenverehrung war im 8. Jahrhundert zu einem brennenden Streitthema geworden, das auch nach der Entscheidung des siebten ökumenischen Konzils (787) noch jahrzehntelang weiterwirkte. Eine gewichtige Rolle bei der Wahrheitsfindung spielte der hl. Johannes von Damaskus, der entscheidende Argumente für die (notwendige) Verehrung der heiligen Bilder und die notwendige Abrenzung gegenüber ihrer (unzulässigen) Anbetung lieferte. Nachfolgend seine vom 7. Konzil bestätigte Position.

Ikone Die Erschaffung der Welt
Ikone Die Erschaffung der Welt

Weil einige uns tadeln, da wir dem Bilde des Herrn und unserer Herrin, dann aber auch der übrigen Heiligen und Diener Christi Ehrfurcht und Ehre erweisen, so sollen sie hören, dass am Anfang Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat.

Weshalb bezeigen wir einander Ehre? Doch nur, weil wir nach dem Bilde Gottes geschaffen sind. Denn „die Ehre des Bildes geht“, wie der Gotteslehrer und Gottesgelehrte Basilius sagt, „auf das Urbild über“ (De spir. s., c. 18, PG 32,149C). Urbild aber ist das, dem etwas nachgebildet, von dem ein Abbild gemacht wird.

Der heilige Basilios von Caesarea
Der heilige Basilios von Caesarea

… wer kann sich von dem unsichtbaren, unkörperlichen, unumschriebenen und gestaltlosen Gott ein Abbild machen? Höchst töricht und gottlos also ist es, die Gottheit zu gestalten (darzustellen). Daher war im Alten Testament der Gebrauch der Bilder nicht üblich.

Es ist aber Gott „in seinem herzlichen Erbarmen“ (Lk 1,78) unseres Heiles wegen wahrhaftig Mensch geworden, … hat auf Erden gelebt und mit den Menschen verkehrt, hat Wunder gewirkt, gelitten, ist gekreuzigt worden, auferstanden, in den Himmel aufgenommen worden, und all das ist wirklich geschehen und von den Menschen gesehen worden, und es ist zu unserer Erinnerung und zur Belehrung derer, die damals nicht zugegen waren, aufgeschrieben worden, damit wir, die es nicht gesehen, aber gehört und geglaubt haben, der Seligpreisung des Herrn teilhaftig würden.

Ikone der Kreuzerhöhung
Ikone der Kreuzerhöhung

Gewiß erinnern wir uns oft, wo wir nicht an das Leiden des Herrn denken, beim Anblick des Bildes der Kreuzigung Christi, des heilbringenden Leidens, und fallen nieder und beten an, nicht den Stoff, sondern den Abgebildeten, gleichwie wir auch nicht den Stoff des Evangeliums und den Stoff des Kreuzes, sondern das dadurch Ausgedrückte anbeten.

Denn was ist für ein Unterschied zwischen einem Kreuz, das das Bild des Herrn nicht hat, und dem, das es hat?

So ist es auch mit der Gottesmutter. Denn die Verehrung, die man ihr erweist, bezieht sich auf den, der aus ihr Fleisch geworden.

Ikone der Gottesmutter "Dreihändige"

Dies ist eine Ikone der Gottesmutter mit der Bezeichnung „Dreihändige“. Das Original befindet sich in dem serbisch-orthodoxen Kloster Hilandar auf dem Berg Athos in Griechenland.

Der Legende nach wurde dem Verfasser dieses Artikels, dem hl. Johannes von Damaskus, auf eine Intrige des Bilderstürmer-Kaisers Leo III. vom Kalifen in Damaskus die Hand abgehackt. Auf sein inständiges Gebet vor einer Gottesmutter-Ikone geschah ein Wunder, die Ikone erstrahlte und ließ die Hand wieder anwachsen. Dies veranlasste den Kalifen zur Reue und den heiligen Johannes dazu, eine silberne dritte Hand auf der Ikone anbringen zu lassen.

Denn, wie gesagt, „die Ehre, die wir den Edelgesinnten unserer Mitknechte erweisen, ist ein Beweis der Liebe gegen den gemeinsamen Herrn“ (Bas. Hom 19, PG 31,508B), und „die Ehre des Bildes geht auf das Urbild über“. Es ist dies jedoch eine ungeschriebene Überlieferung wie auch die Anbetung gegen Osten und die Verehrung des Kreuzes und sehr viel anderes dergleichen.

يوحنا الدمشقي

Priestermönch Johannes
Damaskus (um 700 n. Chr.)

Der hl. Johannes von Damaskus

Quelle: Die genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens (Expositio fidei) Viertes Buch, Kap. 16.


Hier noch das Eingangszitat von A. Chomjakow im Kontext.
Die Schrift „Die Kirche ist Eine“ erscheint in der Edition DOM.

Wir wissen, dass man ohne Ikonen errettet werden kann und wurde, und wenn deine Liebe keine Ikonen verlangt, dann wirst du auch ohne Ikonen errettet. Du, der du die Liebe deines Bruders richtest, richtest dich selbst. Wenn du es doch als Christ nicht wagst, geistige Lieder ohne Ehrfurcht zu hören, die dein Bruder verfasst hat, wie wagst du es dann, die Ikone ohne Ehrfurcht anzusehen, die er in Liebe statt in Kunstfertigkeit geschaffen hat? Der Herr selbst, der das Verborgene der Herzen kennt, hat oft Gebete oder Psalmen verherrlicht, verbietest du Ihm etwa, Ikonen oder Gräber von Heiligen zu verherrlichen?

Du sagst: „das Alte Testament hat verboten, Gott abzubilden“, aber du, der du das Wort der Heiligen Kirche (also die Schrift) besser verstehst als sie selbst, verstehst du nicht, dass das Alte Testament nicht die Abbildung Gottes verboten hat (denn es hat Cherubim, die bronzene Schlange und das Schreiben des Namens Gottes erlaubt), sondern dem Menschen verboten hat, sich selbst einen Gott nach irgendeinem irdischen oder himmlischen Ebenbild zu bauen, einem sichtbaren oder eingebildeten.

Wenn du eine Ikone zur Erinnerung an den unsichtbaren und unvorstellbaren Gott schreibst, dann machst du dir kein Götzenbild.
Wenn du dir Gott aber vorstellst und denkst, dass er deiner Vorstellung ähnelt, dann stellst du dir ein Götzenbild auf. Das ist der Sinn des alttestamentlichen Verbots.

Ikonen (in Farben geschriebene Darstellungen Gottes) oder Darstellungen Seiner Heiligen, die von der Liebe geschaffen sind, verbietet der Geist der Wahrheit nicht. Sag nicht: „diese Christen gehen zum Götzendienst über“, denn der Geist Christi, der die Kirche bewahrt, übersteigt deine berechnende Weisheit bei Weitem.

Deshalb kannst du ohne Ikonen errettet werden,
aber du darfst sie nicht ablehnen.

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