„Der Missionsbefehl Christi geht auf die Bekehrung von „Ethnien“, als „Nationen“, im Sinne einer gemeinsamen Geschichte und Kultur. Orthodoxe Misson spricht die Adressaten in ihrer eigenen Sprache an, inkulturiert den Glauben in vorgegebene Kulturen“. (DOM-Baustein 2017)
Orthodoxe Mission beginnt bei uns selbst. Nach christlicher Auffassung sind wir alle, ohne Ausnahme, Sünder. Einzig der Gottmensch Jesus Christus war ohne Sünde. Um von Sünden freigesprochen und erlöst zu werden, bedarf es aufrichtiger Reue, kirchlicher Beichte und praktischer Buße. Nur ununterbrochene asketische, moralisch-geistige Arbeit am eigenen Selbst gibt uns das Recht, anderen das Evangelium, die christliche Wahrheit zu verkünden. Unablässiges Herzensgebet, feste kirchliche Verankerung, untadelige Glaubenspraxis (nach Kräften) sind die Grundbedingungen jeder „Aussendung“. Deshalb hat zuallererst unsere „Selbst-Mission“ und auch die „Innere Mission“ der Kirche glaubwürdig daran zu arbeiten, dass wir jedwede Selbstgerechtigkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten ablegen.
(DOM-Baustein 2017)
„Auch wir versuchen manchmal, voller Eifer, aber ohne Erkenntnis (s. Röm. 10, 2), unsere Mitmenschen zum Glauben zu bekehren, indem wir sie zur Befolgung äußerlicher Vorschriften nötigen (z.B. Beten, Fasten, Gottesdienstbesuch etc.) – mit nur mäßigem Erfolg. Da sich unser missionarischer Eifer nur aus der fragwürdigen externen Befolgung solcher Handlungen speist, sind die Erfolgsaussichten unserer Bemühungen von Anfang an limitiert. Wir vergessen dabei, dass das Reich der Himmel zuerst in uns Gestalt annehmen soll (s. Lk. 17, 21), bevor wir andere zur Wahrheit Christi bekehren können“
(Aus einer Predigt von Erzpriester Mihail Rahr am 13. Juli 2017)
„Die Weitergabe und Vermittlung der Frohen Botschaft gehört selbstverständlich zum Wesen des Christentums. Siehe, Ich bin bei Euch bis an der Welt Ende, sagt Christus, unmittelbar nachdem Er den Jüngern den Auftrag zur weltweiten Verkündigung erteilt hat: Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker. Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles zu halten, was Ich euch geboten habe (Mt. 28, 19-20). Somit ist dieser Auftrag ebenfalls in Kraft bis „an der Welt Ende“ – bis zum Ende dieses Äons, bis zur Wiederkehr Christi – und dies unabhängig von bestimmten historischen Gegebenheiten… In allen vier Evangelien und in der Apostelgeschichte finden wir die Aufforderung zur Verkündigung des Evangeliums. So heißt es auch im Markusevangelium: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen (Mk. 16, 15). Und im Lukasevangelium: Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in Seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden. Ihr seid Zeugen dafür (Lk. 24, 46-48). Und im Johannesevangelium: Wie Mich der Vater gesandt hat, so sende Ich Euch (Jh. 20, 21). Und noch einmal am Anfang der Apostelgeschichte: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet Meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und bis an die Grenzen der Erde (Apg. 1, 8). Christus, der menschgewordene Logos, das „Wort Gottes“, wurde vom Vater gesandt und gibt diese Sendung weiter. Er bevollmächtigt zunächst die Elf Jünger und den größeren Kreis der Siebzig Jünger, später andere, wie den hl. Apostel Paulus, das „Wort über das Wort Gottes“, als „Zeugen“ (gr. µάρτυρες) weiterzutragen. Aber damit sie dies überhaupt können, muss der Heilige Geist auf sie herabkommen, und in Seiner Kraft vollbringen sie dieses Werk…“
(Johannes A. Wolf, Aspekte der orthodoxen Mission, in: Der Schmale Pfad, Orthodoxe Quellen und Zeugnisse, Band 42, Apelern 2012, S. 6f.)