Gorki, Maxim – Der Nachtwächter / Der Prinzipal

(um 1900) Maxim Gorki war ein russischer Schriftsteller. Er hieß eigentlich Alexei Maximowitsch Peschkow. Wikipedia

Meinung

Cornelia meint:

Der Nachwächter

Der Autor will „aufsteigen“ und zu diesem Zweck alles wissen, also in alle Lebensbereiche eindringen, um sie zu studieren. In der ersten Station erlebt er ein „Volk“ das sich der Ekstase der Leidenschaften mit all ihrer Schönheitssehnsucht, Grausamkeit, Leidensbereitschaft und anerkannten Sündhaftigkeit hingibt. Das hält er nicht aus, weil er zum Opfer der Rache der Köchin wird, deren Heiligstes er unabsichtlich verletzte. Immerhin ist diesen Menschen noch was heilig.  Zweite Stufe: ausgestoßene Intellektuelle, leblos, lieblos, farblos, langweilig und verachtet von der Stadt in der sie nach Dieben am Bahnhof suchen sollen. Einer ist eine Art Lichtgestalt der Bildung und Sehnsucht nach der besseren Gesellschaft, bringt sich aber aus Wehmut um. Dann gerät der Autor auf seinem Bildungsweg unter die Satanisten und wird, als er Einhalt gebieten will, arg zusammengeschlagen.

Alles gut und richtig und mit Barmherzigkeit beobachtet und aufgezeichnet. Ein Panorama des russischen Menschen. Gut. Aber nix für meine Kinder.

Der Prinzipal

Lässt mich einigermaßen ratlos. Einerseits schildert er den Unternehmer als Ausbund von Laster und Hässlichkeit, und seine unterdrückten Arbeiter als elendes Gesindel. Andererseits kann dieser Autor, der selbst zum Gesindel gehört, nicht anders, als mit dem Blick der Barmherzigkeit auf all das Elend blicken. Als ob er doch noch an eine göttlich geschaffene Seele glauben wollte. Dafür spricht auch seine in der Darstellung zutage tretende Interesse-lose Integrität. Auch gelingt es ihm, endlich dem Neid, der Wut und dem Hohn der lieben Kollegen zu entkommen und diese zu einem Akt kontrollierter Gemeinsamkeit zu bringen: sie wenden sich gemeinsam gegen den Chef, kompensieren diesen Aufruhr dann aber durch doppelt gute Arbeit. Hier also der Beweis, dass ein untadeliger Mann eine Alternative zum Ausbeutungssystem des Unternehmertums darstellt. Inzwischen ist der Erzähler aber auch so weit gereift, dass er seinem Protagonisten (im Gegensatz zu den vorangehenden Erzählungen) die eigenen Grenzen einzuschätzen erlaubt und befähigt, sich gegen all das Böse seines Prinzipals zu schützen weiß. Er verlässt die Bäckerei, wo man ihn (der sich für unverzichtbar hielt) letztlich doch nicht vermisst (außer einigen Jungs, die ihn liebten). Am Ende fordert der Prinzipal von seinen Gläubigern seine eigene Bestrafung, zeigt also, dass doch noch ein frommes Gewissen am Ostersonntag in ihm lebt. Wie jene ihn aber auslachen, denn sein Laden geht ja gut, – da verschreibt er sich ganz dem Teufel, verkauft alles und haut ab. Hinterlässt nur Schulden und Schaden.

Ist das schon Reklame für den Sozialismus? Aber dessen Vorteile sind doch sichtbar nur im Horizont der Barmherzigkeit, die aus der Kirche kommt. Eben jener Kirche, die der Sozialismus zerstört.

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 1. Hälfte
AutorGorki, Maxim

Kommentare

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