Hauff, Wilhelm – Märchen

(1826-1828 | 400 S.)

Mehr zu Hauffs Märchen: Wikipedia

Meinung

Cornelia meint:

Märchen-Almanach auf das Jahr 1826

Die Karawane

Eine schöne Rahmenhandlung, die die Geschichten zusammenhält und in die die Geschichten auch wieder eingreifen: Da geht es um Edelmut pur: Der Muslim, der den Christen in ein Verhängnis gebracht und die Folgen für ihn erträglich gemacht hat, sucht dessen persönliche Verzeihung und findet sie. Das ist erfreulich zu lesen.

Das Gespensterschicff

Schön gruselig spannend. Frommes Gebet rettet die Verfluchten. Soweit so gut.  Allerdings ist hier der Islam so prominent, dass man da viel Information liefern muss. Wenn Jean Paul Kinder als Morgenländer bezeichnet, so vermutlich darum, weil hier eine Religion so funktioniert, wie der Mensch sie gerne hätte. Gebete helfen quasi-magisch. Da muss man aufpassen. Am besten noch paar griechische und nordische Sagen druntermischen, damit das spirituelle Chaos klar wird, das einen außerhalb der Kirche erwartet.

GK ok

Die abgehauene Hand

Griechischer Arzt-Kaufmann wird in Paris für eine Rache an schönem Mädel ausgenützt, schneidet ihr den Kopf ab, wird verurteilt, hat Glück, verliert nur die Hand. Der ihn betrog, um Mädel umzubringen, sorgt aber hinfort für Reichtum. Es handelt sich dann schließlich, wie sich in der Rahmenerzählung am Ende herausstellt, um einen Super-Räuber, der die Karawane als Gast begleitet und dort die Idee mit dem Geschichtenerzählen aufgebracht hat. hat. Und der des Griechen Feindesliebe gut findet. Bisschen zu grauslich für kleine Kinder, also für größere. Denn immerhin gibt es etlichen Edelmut.

GK ok

Märchen Almanach auf das Jahr 1827

Der Scheik von Alessandria und seine Sklaven

Diese Rahmenhandlung ist interessant: Ein Scheich lebt reich aber betrübt, und 4 Jünglinge kritisieren das: wer so reich ist, sollte sich und anderen Freude machen. Ein alter Bettler belehrt sie, nicht vorschnell zu urteilen: Der Scheich hat seinen Sohn an die Franken verloren, die ihn gekidnappt haben. Faszinierend dann die Gespräche über die Wirkung von Märchen und nicht-märchenhaften Geschichten auf die Hörer, wie sie selbst da hineingezogen werden und bereichert rauskommen.  Am Ende erweist sich der Bettler als berühmter weiser Derwisch und Freund des Scheichs, und er befand die jungen Leute für lernfähig und würdig, durch den Scheich beglückt zu werden zur Erfüllung ihrer Lebensträume, an denen sie ihn Anteil haben lassen sollen. So sorgt der Derwisch für mehr Freude für den traurigen Vater und für Glück bei den Jünglingen.

GK gut

Zwerg Nase

Dieses Original ist komplexer und auch drastischer als die Märchenfassung im Bilderbuch. Zugleich realistischer im Ergebnis: Nase findet die Eltern wieder und wird Kaufmann. In gewisser Hinsicht ist das sogar ein Bildungsroman, denn es ist der Spott, mit dem der Junge die alte Hexe bedenkt, der ihre Rache heraufbeschwört. Und alles, was später gut läuft, entspringt seiner Gutherzigkeit, erst gegenüber dem Hündlein, dann gegenüber der verzauberten Gans.

GK gut

Die Geschichte Almansors

Wie im vorigen Almanach greift auch hier eine erzählte Geschichte in die Rahmenhandlung ein. Der schönste Sklave, erst vor drei Tagen gekauft, erzählt die Geschichte jenes von den Franken geraubten Sohnes, wegen dessen Verschwinden der Scheik sich selbst und andere aller Lebensfreude beraubt hatte. Diese Geschichte voller Edelmut und Abenteuer aus dem vom Orient her herrlich verfremdeten Frankenreich unter Napoleon, sowie der Rettung durch denselben, endet mit dem Kauf des zurückgekehrten Sohnes durch den Scheikh. Der sitzt ein bisschen auf seinem Hirn bis er endlich den erzählenden Sklaven als seinen eigenen Sohn erkennt. Jubel Trubel. Und die 4 Freunde werden sogleich als Gefährten für den Prinzen abgeordnet und es jubelt alles noch viel mehr.

GK gut

Märchen-Almanach auf das Jahr 1828

Das Wirtshaus im Spessart

Zwei Handwerksburschen, darunter ein Goldschmied mit kostbaren Sachen im Gepäck für seine ihm noch unbekannte Patin, übernachten in unheimlicher Nacht in einer Schenke, wo zwei weitere Gäste, Student und Fuhrmann, sich schon eingefunden haben. Sie werden misstrauisch und beschließen, durch Geschichtenerzählen wach zu bleiben. Nach der ersten Geschichte jagt die Wirtin alle ins Bett, sie aber bleiben heimlich zusammen in einem Zimmer. Der Ausbruchsversuch des Fuhrmanns misslingt, man weiß also: das überleben wir nicht. Da erzählt man am besten weiter.

Mitten in der Geschichte vom kalten Herzen trifft Gräfin in der Schenke ein, und die Jungs erzählen deren Jäger von ihrem Verdacht. In der größeren Gruppe erzählt der Jäger gleich die nächste Geschichte. Aufgeheitert durch Gespräch über das für und wider von Gespenstergeschichten. Ankunft der Räuber, man verhandelt, will die Gräfin zwecks Lösegelderpressung entführen. Der Goldschmied ist bereit, sich in sie zu verkleiden, der Jäger und der Student wollen bei ihr bleiben. Entführung nimmt ihren Verlauf, und im Zigeunerlager folgt der zweite Teil des Kalten Herzens. Da nun aber der Graf sich nicht an die Abmachung, keine Polizei einzuschalten, hielt und auch das Lösegeld nicht kommt, wollen die Räuber alle ermorden. Der edle Hauptmann will allerdings eh grad ehrlich werden und rettet die drei. Und dann zeigt sich, dass die Gräfin eben jene Patin ist, die den verwaisten Handwerksburschen versorgt und zum Goldschmied-Lernen gebracht hat, und deren Juwelen er zum Schmuck verarbeitete. Ende gut, in die Familie integriert, großes Haus, erfolgreiches Handwerk, und es bleiben auch die Freunde.

Gk ok

Die Sage vom Hirschgulden

Wutritter Papa enttäuscht vom Dreijährigen, der beim ersten Ritt herunterfällt und von einer lieben alten Hexe gerettet wird, wofür sie einen Hirschgulden will aber nicht kriegt. Kuno wird ein lieber Junge, aber schlecht behandelt, die Mama stirbt, neue Frau kriegt Zwillinge, die werden vorgezogen. Das Erbe wird geteilt und Kuno versucht immer wieder, Familienfrieden herzustellen. Vergeblich. Und dann verändert er sein Testament: die bösen Brüder kriegen nix, die Prophezeihung der alten Frau geht in Erfüllung.

Also gut gegen böse, und das in Württemberg …

GK gut

Das Kalte Herz

Eine Geschichte aus dem Hochschwarzwald. Köhler-Peter hat die Nase vom Kohlebrennen voll. Er will reich und angesehen sein. Seine Mutter weiß eine Sage vom Glasmännlein, das den Sonntagskindern hilft, aber er kriegt den Vers nicht zusammen, den man sagen muss. Es gibt als Alternative auch den Holländer Michel, der es mit der Flößerei zu großem Ansehen gebracht hat. Der erscheint ihm dann auch auf dem Weg zum Glasmännlein (jetzt hat er den Reim raus und will es nochmal versuchen) und verspricht ihm Geld. Aber Peter kriegt Angst und entkommt. Glasmännlein gibt ihm 3 Wünsche, aber weil er die ersten beiden verbaselt aus Dummheit, hält er den dritten für Notfälle zurück. Peter verprasst all sein Geld , endet in Armut.

Dann lässt er sich vom Holländer-Michel ein steinernes Herz geben, da jener sein lebendiges Herz für all sein Unglück verantwortlich macht. Furcht, Mitleid, Barmherzigkeit, Freude – alles weg. Große Reisen – tiefe Langeweile.  Kehrt heim, heiratet, aber aus Geiz bringt er die Frau um und lässt die Mutter darben. Plötzlich Gedanke an den Tod, Höllenangst, zurück zum Glasmännlein. Das rät ihm zu einer List. Damit kriegt er sein Herz zurück und seine Reue macht Frau und Mutter wieder lebendig. Bescheidenes Glück, Arbeit, Familie, hurrah. Eine wunderschöne Erzählung, die die Versuchungen der Jugend bloßlegt und ganz orthodox die Reue als Schlüssel zur Vergebung anzeigt.

GK Empfehlung

Saids Schicksale

Eine Fee hat der Frau des reichen Mannes ein Pfeiflein für das Söhnlein geschenkt, er soll es erst mit 20 bei seiner ersten Reise nutzen als Nothilfe. Mutter stirbt, Vater glaubt nicht an Feen, schickt den sehr gut erzogenen Sohn nach Mekka. Überfall in der Wüste, Said tötet Almansor, den Sohn Selims, des Oberräubers. Der aber respektiert den fairen Kampf und will Said als Sohn behalten. Ist sogar, weil der Stamm Blutrache fordert, bereit, ihn dem Vater zurückzuschicken. Aber die Boten, die ihn durch die Wüste bringen sollen, lassen ihn zum Verdursten liegen. Ein Kaufherr aus Bagdad rettet ihn, macht ihn dann aber zum Sklaven seines Seidengeschäfts. Und versperrt ihm den Weg zur Klage bei Harun al Raschid, weil jener seinem Kammerdiener vertraut, und der ist ein Vetter jenes Kaufmanns.

Aber einmal muss der Junge einer Dame Einkäufe heimtragen, und das ist nu seine Fee. Er bittet um Waffen und Pferd, damit er an den wöchentlichen Kampfspielen gut verkleidet mitmachen kann und besiegt alle, was ihm Freunde und Feinde verschafft. Einmal belauscht er die Räuberhorde, die Harun töten wollen, versteckt sich und rettet. Wird mit Ring und Goldstücken  beschenkt – aber als er daraufhin dem Kaufherr entkommen will, klagt jener ihn an, und der Polizeiaufseher glaubt seinem Feind. Gefangenschaft, Verschickung, Schiffbruch, – und jetzt endlich tönt das Pfeifchen, bringt ihn zu Harun zurück. Wiedererkennen, und Papa ist auch schon da und streitet sich mit jenem Kaufmann um den verlorenen Sohn. Harun spricht Recht, straft alle Schuldigen, Am Ende Glück und Zufriedenheit.

Eine berührend schöne Geschichte. Gut und böse klar verteilt – unbedingt!

GK Empfehlung

 

Titelseite des Bandes 1828 – Quelle: Wikipedia

Dazu meint Cornelia: Brr.

Almanach auf das Jahr 1826

Der Falsche Prinz

Das ist so gemein, das würde ich nicht vorlesen. Obwohl der falsche Ehrgeiz korrekt bestraft wird.

Almanach auf das Jahr 1827

Abner der Jude, der nichts gesehen hat

Zu Juden-schematisch und -feindlich.

Der junge Engländer

Braven Kleinbürgern wird ein dressierter Affe als vornehmer Herr vorgesetzt. Sozialkritik. Pu.

Almanach auf das Jahr 1828

Die Höhle von Steenfoll

Dass es eine schottische Sage ist, macht es nicht besser. Teufelsspuk und Habgier. Brr.

Info

Erscheinungsjahr19. Jh., 1. Hälfte
Seiten300-600
AutorHauff, Wilhelm
Für Jugendliche:Gut

Kommentare

Kommentar zu: Hauff, Wilhelm – Märchen.

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