Die Russisch-orthodoxe Kirche hat eine Reihe von Heiligen, die im ersten Jahrtausend in Deutschland gewirkt haben, für die Verherrlichung in der Orthodoxen Kirche anerkannt und einen besonderen Festtag der Versammlung der Heiligen Deutschlands festgelegt – den 3. Oktober bzw. den dazu nächstliegenden Sonntag.

Ein Herzensanliegen vieler deutscher Orthodoxer und unserer DOM-Gesellschaft erhält damit offiziellen Segen und gewinnt immer deutlichere Konturen: die Verherrlichung der Heiligen der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends.

Ikone des heiligen Bonifatius
Der heilige Bonifatius, Erleuchter der Deutschen Lande (Quelle)

Nachfolgend die offizielle Verlautbarung auf der Website des Patriarchats Moskau:

Am 24. August 2023 hörten die Teilnehmer der Sitzung des Heiligen Synods  der Russischen Orthodoxen Kirche das vom Vorsitzenden der Synodalen Kommission für die Kanonisierung der Heiligen, Bischof Pankratij von Troizkij, unterstützte Gesuch des Metropoliten Mark von Berlin und Deutschland sowie des Erzbischofs Tichon von Ruza, ein Fest der Versammlung der Heiligen der deutschen Lande einzuführen (Tagesordnungspunkt 64).

Metropolit Mark und Erzbischof Tichon hatten sich an Seine Heiligkeit Patriarch Kyrill von Moskau und ganz Russland mit einem Gesuch gewandt, in dem sie mitteilten, dass die ihnen anvertrauten Diözesen im Jahr 2018 damit begonnen haben, Materialien über die Heiligen Deutschlands des ersten Jahrtausends zu sammeln und Beschreibungen ihrer Leben zusammenzustellen. Im September 2019 veranstalteten die Diözesen eine Konferenz „Heilige Deutschlands im ersten Jahrtausend“, die zur Gründung einer Arbeitsgruppe zur Materialsammlung und -aufbereitung führte. Im Jahr 2022 wurden diese der zuständigen synodalen Kommission vorgelegt, die dieses Material prüfte und Ergänzungen forderte, die die daraufhin erfolgten. Die Bischöfe baten darum, „die Verehrung der lokal verehrten Heiligen Deutschlands“ entsprechend der vorgelegten Liste „zu segnen und zu bestätigen“.

Bischof Pankratij legte dar, dass die Synodalkommission in Bezug auf zwölf der aufgeführten Ehrwürdigen nach dem Studium der ergänzten Materialien zu dem Schluss gekommen sei, dass „ihre Werke und ihr Martyrium über jeden Zweifel erhaben sind“. Für andere Namen, die von den Diözesen vorgeschlagen werden, sind weitere Studien erforderlich. Bischof Pankratij sagte auch, dass die Kommission „keine Einwände gegen die Einsetzung eines Festes der Synaxis der Heiligen, die im deutschen Lande erstrahlten, auf Diözesanebene hat“.

Unter Berücksichtigung der Arbeit der Synodalen Kommission für die Kanonisierung der Heiligen zur Erforschung des Lebens der folgenden Heiligen und unter Berücksichtigung der Beweise für ihre Verehrung als Heilige bereits im ersten Jahrtausend beschloss die Synode, in die Versammlung der Heiligen, die in Deutschland erstrahlten, folgende Namen aufzunehmen:

  • Hieromärtyrer Bonifatius, Erzbischof von Mainz, Erleuchter Deutschlands (754);
  • Hieromärtyrer Aureus, Bischof von Mainz (436);
  • Märtyrer Mauritius [Mauricius, Moritz] und seiner Gefährten: Gereon, Cassius, Florentius und weiterer Soldaten (ca. 300);
  • Märtyrerin Afra von Augsburg (304);
  • Hl. Maximin, Bischof von Trier (347);
  • Hl. Maternus, der erste Bischof von Köln (4. Jahrhundert);
  • Hl. Korbinian, der erste Bischof von Freising (725/730);
  • Hl. Willibrord, Erzbischof von Utrecht (739);
  • Hl. Burkard, Bischof von Würzburg (753);
  • Hl. Ansgar, Erzbischof von Hamburg (865);
  • Hl. Lioba von Bischofsheim (728);
  • Hl. Walburga von Eichstätt (779).

Der Tag der Feier der Synaxis der Heiligen, die im deutschen Land erstrahlten, ist der 3. Oktober (20. September jul.), wenn dieser Tag mit dem Sonntag zusammenfällt, andernfalls der Sonntag, der dem 3. Oktober (20. September jul.) am nächsten liegt.


Tropar und Kondakion Aller Heiligen Deutschlands

Troparion im 4. Ton

 Ihr Bischöfe, Märtyrer, Mönche, Gerechte und alle Heiligen,
die ihr im deutschen Lande verherrlicht wurdet,
die ihr mit eurem Blut, eurem Glauben, Werken der Frömmigkeit und Liebe,
mit eurem Wort und Leben Gott gefallen habt,
Ihr wurdet gekrönt mit Kronen der Unverweslichkeit und Herrlichkeit,
betet zu Christus unserem Gott,
auf dass Er unserem Lande Frieden gewähre
und unseren Seelen schenke das Heil.

Kondakion im 4. Ton

Ihr lebtet auf Erden gottgefällig
Aufleuchtend im deutschen Lande als Heilige,
Nun freuet Ihr Euch in den Himmeln mit den Engeln
und lobpreiset die Heilige Dreieinigkeit –
Vater, Sohn und Heiligen Geist in einer Gottheit.
Wir aber, Erdgeborene, preisen Euch und feiern Euer Gedenken,
Bringt unsere Gebete Gott dem Allmächtigen zu seinem himmlischen Altar.
Auf Eure Fürsprache möge Er Frieden und Errettung schenken unseren Seelen.

Gedankt sei Gott, unserem Herrn!

Kommentare zu diesem Beitrag

  • Es ist eine Freude für uns Orthodoxe in Deutschland, die Heiligen der noch ungeteilten Kirche, die auf unserem Territorium Gott verherrlicht haben, auch in Russland verehrt zu sehen. Wir sind auch zuversichtlich, dass mit geeigneten Studien immer mehr dieser Heiligen in den Kalendern der orthodoxen Ökumene ihren Platz finden werden.
    Als Verehrerin des Heiligen Justin von Celje bin ich immer wieder beeindruckt von seiner Kritik an nicht-orthodoxen Einflüssen auf die akademische Theologie in traditionell orthodoxen Ländern, – und dazu gehört auch Russland. Der Begriff der „Kanonisierung“ von Heiligen durch eine übergeordnete Hierarchie ist mir aus der orthodoxen Tradition nicht bekannt. Dieser Begriff gehört in einen ekklesialen Rahmen, indem ein „Oberhaupt“ einen Menschen zum Heiligen aus eigener Machtvollkommenheit „erklärt“. Nun ist eine einsame Erklärung immer noch schlimmer als eine synodale. Dennoch scheint mir, dass die Kirche nicht in der Weise solchen „Erklärens“ verfahren ist. Normalerweise hat die Verehrung eines Heiligen lokal begonnen, also dort, wo man ihn kannte und seine Wunder erfahren hatte. Diese lokale Verehrung wurde dann dem zuständigen Bischof vorgetragen, der sie entweder genehmigte oder verbot. Hatte er sie genehmigt, so erlangte die Verehrung regionale Verbreitung. Im Lauf der Zeit wurden solche örtlichen Heiligen den jeweils höheren hierarchischen Autoritäten vorgelegt, auch den Synoden. Diese haben dann nach sorgfältiger Untersuchung die örtliche und regionale Verehrung anerkannt oder nicht anerkannt.
    Es besteht ein vielleicht subtiler, aber dennoch entscheidender Unterschied zwischen der im Begriff des Kanonisierens enthaltenen Bedeutung von „jemanden zum Heiligen erklären“, oder gar „jemanden zum Heiligen machen“ und dem im Begriff einer Anerkennung enthaltenen Respekt vor einer Heiligkeit, die sich bereits manifestiert hat.

    1. Liebe Cornelia, ich erlaube mir den Einwand, dass „kanonisieren“ nicht, bzw. nur im katholischen Verständnis, dasselbe bedeutet wie „heiligsprechen“. Von der Wortbildung her ist „kanon“ griechisch eine Messlatte, ein Verzeichnis, eine Liste (der Heiligen, der klassischen Schriftsteller, der NT Schriften …). Kanonisieren ist erst einmal nur die Aufnahme in eine solche Liste, sie setzt eine Prüfung voraus, ob der/die/das Aufgenommene „Messlatte“ sein kann. Die Schriften des NT beispielsweise sind eine solche Auswahl, aber die Apokryphen, die dabei hinten runtergefallen sind, waren genauso „lokal verehrt“ – die lokale Verehrung ist also nur ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium, genauso wie Unverweslichkeit und Wunder nicht ausreichen: Der konziliare/synodale Geist muss hinschauen und entscheiden, „bestätigen“, „in den Kanon aufnehmen“, kurz: kanonisieren. Das gab es weit vor Beginn des katholischen Einflusses auf die russische Orthodoxie: Die hll. Wikinger Boris und Gleb wurden (der Wunder, Unverweslichkeit und Verehrung im Volke wegen) bereits 1072 dem Kanon der Heiligen zugezählt – von den griechischen Bischöfen in Konstantinopel. Meine Meinung: Wir sollten uns dem Begriff „Kanonisieren“ nicht verwehren, nur weil die Katholiken ihn (falls das überhaupt so ist) anders verstehen.

      1. Wenn man einmal anfängt….
        Eben hat mich Vater Georg an einen wichtigen Unterschied erinnert, den mein Kommentar von oben nicht bedacht hat: Die Heiligen der einen Kirche, die auf dem Territorium des heutigen Deutschland aufgestrahlt sind, wurden zwar damals erkannt und verehrt, sind aber dann für die eine wahre Kirche gleichsam in einen Dornröschenschlaf versunken. Wir haben heute hier in Deutschland in nur sehr eingeschränktem Sinn eine lebendige Verehrung, und gar keine, die sich aus unmittelbarer Erfahrung mit den noch lebenden, später Verherrlichten, hätte speisen können. Ich habe noch von keinem Wunder gehört, das wir Orthodoxen hier in Deutschland von einem deutschen Heiligen berichten können. Insofern geht es bei der Anerkennung von hiesigen Heiligen durch eine etablierte orthodoxe Kirche um ein sehr viel gewagteres Unternehmen. Und insofern dürfen wir, auch wenn der Heilige Johannes von Shanghai und San Franzisko uns aufgefordert hat, unsere Heiligen tatkräftig zu verehren, tatsächlich nicht ungeduldig werden (weil erst so wenige anerkannt wurden) sondern müssen auch die Behutsamkeit der russischen Kirche respektieren.

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