Ein Kurzbericht vom jüngsten Treffen in Offenbach
Das Besondere an diesem 34. Focs-Treffen in der neu eingerichteten Zweit-Kirche von Erzpriester Stefan Anghel in Offenbach war unser Gast, Seine Exzellenz Bischof Hiob von Stuttgart, der uns die wichtigsten Ergebnisse seiner Dissertation über das Problem der Theodizee in der Bibel (inzwischen veröffentlicht unter dem Titel „Antworten auf das Leid“) in zwei großen Vorträgen zusammenfasste.
In zwei weiteren Sitzungen behandelte Cornelia Hayes weitere Aspekte seiner Darstellung: Hier ging es einerseits um die von Vladyka selbst in seiner Einleitung aufgeworfene Frage: Warum, nachdem doch im Neuen Testament das Theodizee-Problem erschöpfend gelöst worden war, spielt die Frage nach Gottes Gerechtigkeit (nach dem Ursprung des Bösen und dem Leid der Unschuldigen) in der Neuzeit im Westen bis heute doch wieder eine so große Rolle? Andererseits ging es um die Frage, wie sich der im westlichen Sinn wissenschaftliche Anspruch einer Dissertation mit dem spezifisch „noetischen“ Selbstverständnis orthodoxer Theologie vereinbaren ließe.
Die ca. 30 Gesprächs-Teilnehmer boten besonders Vladyka Hiob Gelegenheit, tiefer auf die Thematik einzugehen und dabei auch pastorale Antworten zu geben.
Im Blick auf die westliche Bibelwissenschaft liegt ihm am Herzen, auch für deren hilfreiche Erkenntnisse innerhalb der orthodoxen akademischen Theologie Raum zu schaffen. Im Licht der frühen Exegesen unserer Kirche hat auch ein „den Text selbst reden Lassen“ seinen legitimen Platz. Immerhin war es ein protestantischer Theologe (Manfred Oeming), der durch eine neue Übersetzung des hebräischen Texts bei der Gottesrede im Hiob-Buch auf den dort schon angelegten Unterschied zwischen einem „Reden über Gott“ und einem in Beziehung tretenden „Reden mit Gott“ (und damit auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen orthodoxem und heterodoxem Theologie-Verständnis) hinwies.
Wie vergnüglich auch dieses Treffen verlaufen war, ließ sich an der Tatsache ablesen, dass in den Pausen wie auch nach dem offiziellen Schluss der Veranstaltung die Teilnehmer in Gruppen zusammenstanden gar nicht aufhören wollten, sich weiterhin auszutauschen.
Zum Weiterlesen
Bischof Hiob von Stuttgart: Antworten auf das Leid
Aspekte des Theodizee-Problems im Neuen Testament.
Edition Logos | ISBN-978-3-96321-135-5︱358 Seiten︱Broschur | 27,50 €
„Warum lässt Gott zu, dass es Leid und Bosheit auf der Welt gibt?“ Die sog. Theodizee-Frage beschäftigt heute mehr denn je Philosophen, Theologen, Geistliche und Laien. Der Autor versucht in der vorliegenden exegetischen Studie über das Alte und Neue Testament zu zeigen, dass diese die Menschheit seit jeher quälende Frage nach dem „Warum?“ und „Woher?“ des Bösen (Unde malum?) eigentlich im Neuen Testament eine unüberbietbar starke Antwort erfahren hat – so stark, dass die Problematik über Jahrhunderte in der theologisch-philosophischen Debatte kaum noch eine Rolle gespielt hat. Erst die abendländische Philosophie der Neuzeit hat die Theodizee wieder neu thematisiert und, indem sie jene alte christliche Antwort ignorierte, stellt sie diese Frage heute wieder als die größte Herausforderung des Glaubens an einen Gott dar. Seit den schrecklichen Bildern der zwei Weltkriege und des Holocaust vertreten auch viele christliche Theologen die Meinung, dass die Theodizee-Frage unlösbar sei.Der Autor versucht dagegen, anhand der ältesten Überlieferungen des Neuen Testaments, wie der Gleichnisse Jesu, urchristlicher Hymnen und Paulus’ groß angelegtem Entwurf der Heilsgeschichte im Römerbrief, zu zeigen, dass Jesus Christus durch Seine Lehre, Sein Wirken und Seine Person selbst – ja, durch Sein Heilswerk insgesamt auch explizit auf die Theodizee-Frage geantwortet hat, besonders wie sie im Alten Testament (Sündenfall, Hiob etc.) konkretisiert wurde.
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