Liebe Brüder und Schwestern! Hier ein Diskussionsbeitrag von Cornelia Hayes zur Gender-Thematik und zu deren geistlicher Dimension. Es ist eine Antwort auf einen Leserbrief an die FAZ, der dort am 8. April veröffentlicht wurde.
Zunächst ein Auszug aus dem Leserbrief, das Original HIER.
… Jetzt verbietet also Bayern die Gendersprache in Behörden. Schön wär’s. Denn verboten sind nur die typographischen Sonderzeichen (_ : * & Co.), also das, was beim Gendern ins Auge sticht und was formalen deutschen Rechtschreibregeln widerspricht. Ist damit alles gut – zumindest in Bayern? Stattdessen setzt man auf die Paar- oder Doppelnennung („Schülerinnen und Schüler“), denn sie geht konform mit der Rechtschreibung. Ist sie deshalb zu begrüßen? Keinesfalls, denn auch sie ist Gendern, …
Eines muss man sich klar machen: Die Aufgabe der Sonderzeichen erkauft man mit einen leider unterschätzten Bedeutungswandel der maskulinen Form: „Schüler“ sind nur noch männlich, weibliche Schüler gibt es nicht mehr, die heißen jetzt „Schülerinnen“. Nicht weiter schlimm, werden viele denken, doch Vorsicht! Ist der Bedeutungswandel erst einmal in das Bewusstsein der Sprachgemeinschaft eingesickert, werden wir ihn nicht mehr los. Je häufiger man die Paarnennung verwendet, desto mehr wird sie benötigt, gar eingefordert, um Missverständnisse zu vermeiden….
So wirkt die Paarnennung hochgradig selbstverstärkend, was nichts anderes heißt, als dass sie gekommen ist, um für immer zu bleiben. Sie ist das Trojanische Pferd der Gendersprache und kommt einer Gehirnwäsche gleich. Wer nicht mitmacht, wird falsch verstanden. Rechtschreibfehler kann man korrigieren, einen einmal vollzogenen Bedeutungswandel umzukehren, wird kaum möglich sein.
…Wenn man sich dann noch fragt, welchen inhaltlichen Zugewinn die Paarnennung gebracht haben könnte, außer der Wiederholung von Phrasen, wird das Unterfangen noch absurder als es ohnehin schon ist. Ich zähle auf die, die es schaffen, vom Sog des Zeitgeistes nicht mitgerissen zu werden.
Dr. Ernst Natt, Freiburg – FAZ vom 8. April 2024
Unsere DOM-Gesellschaft hat sich (siehe DOM-Faltblatt) auf einen Dienst an der Kirche „der Apostolischen Tradition in ihrer ganzen Fülle des Glaubens“ verpflichtet. Das Dokument über „unsere zentralen Anliegen“, das wir Beitritts-Kandidaten vorlegen, präzisiert einen heute heiß umstrittenen Aspekte dieser Traditionstreue: „wenn wir hier nur von Brüdern, nicht auch von Schwestern sprechen, so tun wir dies in Treue zum Schöpfungsbericht, der unter „Adam“ nicht Männer, sondern die gesamte Menschheit anspricht (ehe er, so können wir ergänzen, dann zur von Gott gewollten Zwei-Geschlechtlichkeit von Mann und Frau übergeht).
Menschsein als Geschaffensein nach dem Bilde Gottes (d.h. des incarnierten Worts) und als Berufensein zur Verähnlichung zu Gott (im Prozess der Theosis durch Gnade, Gen. 1,26)) bildet mithin die für alle Menschen eine gemeinsame Wesensgrundlage:
Deßhalb machte Gott das ganze Menschengeschlecht, als von einem Stamme entsprossen, zu einem Körper.“
(Chrysostomos, Homilien zum ersten Korintherbrief, 34-3).
Erst in zweiter Linie wird die geschlechtliche Zweiteilung darüber ausformuliert, wie Männer und Frauen (nach dem Ebenbild von Christus und Seiner Kirche) ihre je besondere Berufung in der Familie gestalten sollen (Gen. 2,18).
Das heute sich immer weiter einbürgernde „Gendern“ geschieht zweifellos in guter Absicht: Die bisher eher ausgeschlossenen und vernachlässigten, oft auch durch pure Gewalt unterdrückten Frauen sollen diskursiv einbezogen werden. Dabei wird jedoch die eine Verfehlung (die Missachtung von Frauen) durch eine neue Verfehlung (der durchgesetzten Gleichberechtigung mit ihren Forderungen nach Gleichbehandlung und Kompensation für strukturelle Ungleichheit) ersetzt: Diese lenkt von der Berufung der Frau als dem Mann zugeordnete Helferin ab.
Denn zwar soll die Familie ihre „Herrschaft monarchisch und nicht demokratisch“ ausrichten, damit
jedes Haus an schöner Ordnung einem Heerlager gleiche. König ist der Mann; Statthalter oder Heerführer die Frau. Der dritte Rang kommt den Kindern zu.
(Chrysostomus, Homilien zum ersten Korintherbrief, 34-3).
Doch bleibt diese Unterordnung der Frau im weiteren Text kontextualisiert durch Umkehrung des liebenden Verlangens:
Wenn nun die Liebe einen so hohen Werth hat, so fügt er [der Apostel] mit Recht bei: „Strebet (trachtet) der Liebe nach!“ Ja, streben muß man nach ihr, und mit Anstrengung ihr entgegen eilen; denn sie entflieht uns so leicht, und gar Vieles stellt uns eine Falle auf dieser betretenen Bahn; darum bedürfen wir einer großen Anstrengung, um sie zu erhaschen. … Gott hat von Anbeginn schon Alles gethan, um sie uns einzuflößen; denn er gab Allen einen gemeinschaftlichen Stammvater, Adam. Warum werden wir denn nicht alle aus Erde gebildet? Warum kommen wir nicht auf diese Welt im reifen Alter, wie jener? Damit Geburt, Erziehung und Abstammung uns unter einander verbinden. Darum hat Gott das Weib nicht aus Erde gebildet. Er wollte, daß wir einen gemeinschaftlichen Stammvater hätten, weil die Gleichheit des Wesens noch nicht hinreichte, uns zur Eintracht zu führen. … Und da ihrer Anfangs zwei zu sein schienen, siehe, wie er sie durch die Ehe enge verbindet und zu Eins macht. „Denn darum,“ sagt er, „wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen; und Beide werden ein Fleisch sein“ (Gen. 2, 24). Er sagt nicht: das Weib, sondern: der Mann, weil bei diesem die Sehnsucht größer ist. Größeres Verlangen gab er ihm deßwegen, damit die Macht der Liebe seine überwiegende Stärke bezähme und dem schwächeren Theil unterwerfe. Und weil der Ehestand eingeführt werden mußte, so gab er dem Weibe Den zum Manne, von dem sie entstanden war; denn die Liebe geht bei Gott Allem voran.
Der vor kurzem in der FAZ erschienene Leserbrief bringt keine geistlichen Argumente. Doch sein Widerspruch gegen das simple Gleichheits-Streben (und damit auch gegen das Streben nach Eigenständigkeit und Unabhängigkeit) gibt Raum für ein geistliches Verständnis Gott-gewollter gegenseitigen Abhängigkeit, nicht nur, aber auch zwischen den Geschlechtern:
Wenn schon jetzt, wo wir doch auf einander angewiesen sind, uns der Zwang des Bedürfnisses nicht mit dem Bande der Liebe umschlingt, würden wir dann, frage ich, nicht wilden Thieren gleichen, wenn Jeder sich selbst genügte? So hat uns Gott durch Zwang und Nöthigung an einander gewiesen, und doch stoßen wir jeden Tag feindlich auf einander; wäre erst dieser Zwang aufgehoben, wer würde dann so schnell sich für die Freundschaft des Nebenmenschen erwärmen?
(Chrysostomos, Homilien zum zweiten Korintherbrief 17-2)
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