Am 7. Dezember 2024 fand im Gemeindesaal der Rumänisch-Orthodoxen Auferstehungs-Kirche in Mannheim das erste pan-orthodoxe Treffen deutschsprachiger Ärzte statt, – ein wichtiges Ereignis für die orthodoxe Gemeinschaft im deutschsprachigen Raum. Das Treffen entstand in Zusammenarbeit mit der DOM-Gesellschaft und wurde von Vater Stefan Anghel, Preoteasa Dr. med. Claudia Podașcă und Cornelia Hayes als orthodoxer Bioethikerin geleitet.
Bericht vom 1. orthodoxen Ärzte-Treff
Die Idee hinter diesem Treffen war: gegenseitiges Kennenlernen und Möglichkeit der Vernetzung von Menschen, die ihr kirchliches Leben mit ihrer beruflichen Tätigkeit im Geltungsbereich eines ärztlichen Ethos verbinden müssen, das die Werte und Normen einer zunehmend nach-christlichen Gesellschaft spiegelt. Das erste Treffen stellte hierzu das Problem der medizinischen Eingriffe in das Ende des Lebens in den Mittelpunkt. Ärztliche Teilnehmer aus Deutschland, Italien und der Schweiz und aus der rumänischen, bulgarischen, griechischen, russischen, serbischen und mazedonischen Kirche waren Preoteasa Claudias Ruf gefolgt. Neben den geistlichen Ärzten Vater Athanasios Ulea aus München und Diakon Marko Marton aus Mainz hatten sich spontan auch die Priester Georgios Basioudis und Vassil Betschewski aus Mannheim mit eingefunden.
Das Programm wurde eröffnet von Cornelia Hayes zur Beziehung von Orthodoxie und Medizin anhand der Antwort des Heiligen Basilius des Großen auf die Frage 55 (ob es der Frömmigkeit nützt, sich der Medizin zu bedienen) aus den langen Mönchsregeln. Entscheidend war hier der Unterschied zwischen säkularer Bioethik und dem orthodoxen Weg der Heiligung durch Gnade. Hier geht es nicht ausschließlich um allgemeine Regeln von Erlaubtem, Gesollten und Verbotenem. Vielmehr steht jeder Einzelne im Blick auf die von ihm erreichte Stufe geistlicher Reife im Vordergrund. Um diese Reife angemessen zu beurteilen, bedarf es der Hilfe geistlicher Ratgeber: Jeder Patient, jede Familie mit einem Patienten, und jeder Arzt tut gut daran, eine Beziehung zum Priester seines Vertrauens zu entwickeln, die es diesem ermöglicht, in schwierigen Entscheidungen allen Beteiligten beizustehen.
Den sich anschließenden Haupt-Vortrag hielt Dr. Claudia Podașcă über „Medizinische Entscheidungen am Lebensende – ein Erfahrungsbericht“. Hier wurden bioethische Begriffe wie aktive und passive Sterbehilfe, intendiertes und lediglich zugelassenes Sterben anhand von Fällen aus einer reichen Berufserfahrung in der Universitätsklinik analysiert und zu heiklen ethischen und spirituellen Herausforderungen in Beziehung gesetzt. Besondere Probleme betrafen die Palliativmedizin und die stellvertretende Wahrnehmung der Interessen von Patienten, die nicht mehr in der Lage sind, selbst Entscheidungen zu treffen.
Vater Stefan als dritter Redner trug eigene Erfahrungen als Begleiter Sterbender in den Offenbacher Kliniken bei und fasste die geistlichen Erfordernisse einer auch die Familie und das Pflege-Team einbeziehenden Beratung zusammen.
Es wurde deutlich, dass orthodoxe Christen Formulare für Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten brauchen, die ihren besonderen Bedürfnissen (im Blick auf fortgesetzte oder zurückgefahrene Therapien, auf den Beistand eines orthodoxen Priesters, wie auch auf Fragen der Beerdigung) Geltung verschaffen. Verschiedene Vorschläge hierzu, insbesondere für die Entbindung der Ärzte von ihrer Schweigepflicht den hinzugezogenen Priestern gegenüber, wurden im Kreis der Anwesenden diskutiert, wobei die vielfältigen beruflichen Erfahrungen der Teilnehmer für einen lebendigen (und trotz des ernsten Themas humorvollen) Austausch sorgten. Deutlich wurde hierbei auch die Notwendigkeit, die Priester selbst auf ihre Rolle im Kontext einer Medizin, die mehr „kann“, als sie in jedem Fall vielleicht „soll“ vorzubereiten – eine Aufgabe, die jedoch, da sie die Kompetenzen der DOM-Gesellschaft übersteigt, der eigenen Initiative der Orthodoxen Bischofskonferenz anheimgestellt bleiben muss.
Bevor die Teilnehmer auseinandergingen, einig in der Hoffnung auf weitere solche Treffen in der Zukunft, wurde beschlossen, diese orthodoxen Ärztetreffen einem heiligen Schutzpatron zu unterstellen. Die einstimmige Wahl fiel auf den heiligen Lukas von der Krim, der selbst Arzt und Diener der Kirche war, ein Beispiel für die Verbindung von Wissenschaft und Spiritualität.
Es ist geplant, die Ergebnisse dieser Tagung zu Vorschlägen für eine orthodoxe Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht zu verarbeiten und diese, nach Rücksprache mit den Teilnehmern, dann auch auf DOMs Website zu veröffentlichen.
Claudia Podașcă
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