Thema: Künstliche Intelligenz
Focs-Treffen im November 2024 bei Vater Stefan in Offenbach
Das 37. Focs-Gespräch über künstliche Intelligenz begann mit einem Vortrag von Carmen Carlan über die ethischen Probleme der KI. Nach einem historischen Rückblick auf die Entwicklung dieser Technologie und begrifflichen Klärungen (anhand des Einsatzes der KI zur Krebsdiagnose) ging es um die Folgen im Blick auf Arbeitsplatzverlust, Diskriminierung, fake news und Datenschutz, die eine ethische Regulierung erforderlich machen. Ihr Hinweis auf die Risiken eines fehlgeleiteten Vertrauens in elektronische Informationsquellen (viele Leute werden sich über die Orthodoxie informieren wollen, und durch künstlich erzeugte Texte in die Irre geführt werden) machte noch einmal deutlich, wie wichtig die Konzentration auf Verlässlichkeit (statt Vollständigkeit) ist, gerade auch für unsere DOM-website.
In ihren Überlegungen zur Ambivalenz der KI: Kann der „Humanismus“ retten? wies Cornelia Hayes auf die Schwierigkeit bei solcher Regulierung hin: Es fehlt an allgemein anerkannten Begründungen und Regeln zur Anwendung der dabei eingesetzten ethischen Prinzipien. Im Rückgriff auf die moralische Humanisierung des westlichen Christentums in der Aufklärung und zuvor schon in der Scholastik wurde hier plausibel, warum der Heilige Justin von Celije den Humanismus als schon im Sündenfall selbst angelegtes Grund-Übel der Menschheits-Entwicklung ansieht. Ein moralisch verfasster Humanismus liegt mithin bereits der ausbeuterischen Objektivierung der Natur zugrunde, die in der Objektivierung des Menschen durch die KI nur einen neuen Höhepunkt findet. Für Christen bleibt beim sich-Einlassen auf diese sowohl hilf- also auch Risiko-reiche Technologie darum jene Askese leitend, die schon Johannes Cassian für die menschliche Arbeit und Altvater Emilianos für den Gebrauch technischer Hilfsmittel empfohlen haben.
Nach einem sehr wohlschmeckenden Mittagessen (Dank an unsere Köchin Anna und an Franziska und Rodica als Helferinnen!) gab Vater Constantin Prihoanca einen Ausblick auf die zutiefst problematische Natur der Einbeziehung der KI in die religiöse Praxis nicht-orthodoxer Konfessionen.
Den Abschluss bildete Dr. Patrick Bradleys Vortrag über KI als Versuchung im Geistlichen Leben, der sich auf das Problem der Akedie bei Evagrius Pontikos (und seine hilfreiche Darstellung bei Altvater Gabriel Bunge) stützte. Für orthodoxe Christen gewinnt bei ihrer unvermeidlichen Konfrontation mit künstlicher Intelligenz im täglichen Leben die Forderung nach einem Gebets-gegründeten Denken, einem Kampf gegen die vielfache Zerstreuung große Bedeutung. Zur praktischen Einübung hatte Patrick einige deutsch übersetzte Gebete nach rumänischen Melodien mitgebracht, die wir hernach im Vesper-Gottesdienst gemeinsam mit der Gemeinde von Vater Stefan einfügen konnten.
Ein wichtiges Ergebnis der Diskussionen zu diesen Vorträgen war die allgemein geteilte Einsicht, wie wichtig es angesichts der „Durchdigitalisierung“ unseres Lebens und der Anreicherung unserer kommunikativen Umwelt durch elektronische „Partner“ ist, die persönliche, leib-seelisch reale Begegnung zu pflegen. Wie Vater Athanasius Ulea hervorhob, sind wir auch zur Heiligung des Leibes berufen und können uns nicht, wie die künstliche Intelligenz, auf unsere „geistigen Leistungen“ zurückziehen.
In seinem Schlusswort fasste Vater Stefan die aus unseren Diskussionen folgenden geistlichen Lehren zusammen und erinnerte uns an unsere Berufung zur Heiligkeit, der wir auch in der täglichen Konfrontation mit KI folgen sollen.
CH
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