Arlen, Michael – May Fair Short Stories

 (1925) Das meiste taugt nichts, aber einiges ist nützlich.

Arlen, Michael,

eigentlich Dikran Kouyoumdjian, ein Armenier aus Bulgarien, der nach England auswanderte und dort ein Gesellschafts-Schriftsteller wurde, viel verfilmt und Star-mäßig. Ich hatte mir das Buch gegriffen, als ich Defoes Roxanna ins Dachgeschoss verlagerte und im Regal keinen Platz mehr fand. Ich hoffte, dies hier kann weg. Aber da wurde nichts draus. Ein Armenier – das verspricht Tiefe. Die Sprache ist anspruchsvoll, aber höchstvergnüglich – sehr British. Und es ist, was Literatur angeht – großartig. Was natürlich meistens dem Nutzen für orthodoxe Leser im Wege steht.

Beklemmend jedoch, wie gegen Ende nicht nur Gespenster und Geister überhandnehmen, sondern es regelrecht an die Teufel geht. Soll man einen Schriftsteller in seinen guten Sachen würdigen, wenn er auch so schlechtes Zeug verfasst hat? Man muss differenziert urteilen, denn sonst rutscht einem auch ein Tolstoi weg. Vielleicht ist die Aufgabe, in der Vieldeutigkeit des Charakters eines Autors jene Stränge herauszulösen, die schön und gut sind, und Schönes und Gutes schaffen.

Meinung

https://www.gutenberg.org/ebooks/72651

Cornelia meint:

Das meiste taugt nichts, aber einiges ist nützlich.

A Romance in Old Brandy

Junge Ehe, Eigensinn, Egoismus – typische Verfalls-Falle. Der Mann aber geht zu seinem alten Vormund, der ihm „aus seinem Leben“ eine (genial erfundene) Geschichte von verpeilten Chancen und vermasselter Liebe erzählt, die den Jungen zur Besinnung, zur Großmut, zur Liebefähigkeit erweckt, mit der er auch seine selbstsüchtige Frau zurück „auf Linie“ lieben kann. Das ist, bei allem witzigen Drumrum (Brandy) sehr lehrreich.

Jg

The Three-corned Moon

Ideales society Paar lebt sich auseinander wegen Egoismus des Mannes, der Abwechslung sucht. Seine Leonore willigt in die Scheidung ein, warnt ihn nur vor der Zwillingsschwester, die eben nach Paris kommt: sie will von der nicht verhöhnt werden. Natürlich stürzt sich der Herzog auf diese Schwester, sehr ähnlich, nur schwarzhaarig, und so frisch amerikanisch, nicht so anglifiziert und blasiert wie seine Ex-Frau. Er erhält das Telegram der vollzogenen Scheidung, muss aber erleben, dass Schwesterchen Ava ihn nicht liebt und dass irgend ein Wetter-Hahn auf dem Haus 3x gekräht hat, was seinen nahen Tod anzeigt. Nun stirbt er aber gern, denn immerhin hat er endlich doch noch gelernt zu lieben, auch wenn selbst ungeliebt. Und dann kommt raus, dass seine Leonore sich nur als Schwester verkleidet hat, und dass beide nochmal von vorne mit dem Lieben anfangen können, diesmal nachhaltig. Denn die Sache mit dem Hahn hat sie auch erfunden. Ende, große Liebe.

Was ich schön finde, ist, wie diese Frau (Amerikanerin!) für die Liebe zu ihrem Mann gekämpft hat. Das zeigt, meine ich, eine hohe Tugend.

Jg

 

To Lamoir

Was soll man sagen: dies ist eine wunderschöne Liebesgeschichte. Eigentlich hab ich es nicht so mit den Liebesgeschichten. Aber diese Geschichte ist einerseits Traum-schön, andererseits sehr traurig, weil der Rhythmus der Sehnsucht die beiden Liebenden niemals verbindet, und weil die Frau, die lieben will, diese ständigen Enttäuschungen, von denen der Mann sich überhaupt keine Vorstellung macht, nicht aushält. Die Sache endet bedrückend und tödlich. Aber da ist eine Schule des Herzens drin, die zu besuchen sich lohnt.

Und es ist auch interessant, diesen Liebestod mit den japanischen bei Hearn zu vergleichen: Dort sind die Hindernisse immer äußerlich. Hier liegen sie in der unvernünftigen Hoffnung, den großen Traum auf die Erde zu holen, also in den Herzen selbst. Das gibt auch ein Bild auf die Überforderung der Ehe in der Gefühls-gestützten Moderne.

Jg

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 1. Hälfte
AutorArlen, Michael

Kommentare

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