Beskow, Elsa – Wildvogel

Elsa Beskow (geborene Maartman; 1874 – 1953) war eine schwedische Kinderbuchautorin, Malerin und Illustratorin.
Ihr Roman Wildvogel ist der literarische Schrei nach Freiheit.

Meinung

Cornelia meint:

Auf Deutsch zum Lesen. Hmnaja. Theologisch ist das alles richtig, aber mir zu viel an Entsagung, oder sagen wir: an Entsagung ohne Eucharistie. Ich sehe da schon bißchen viel Überforderung.

Es gibt da eine Unmittelbarkeit zu Gott, die wunderbar ist. Gut. Aber dann gibt es auch Kitsch, der mir übel aufstößt. Ich kann das schon goutieren, für mich persönlich, aber all diese aufgefächerten Idealgestalten sind mir zu ideal. Agnes die Heilige, Beate die Mütterliche, und Wildvogel, die Gott lieben lernt, dann der Einsiedler-Pfarrer und der zerrissene Max mit seiner sibling rivalry und seinem Versuch, durch ein Verhältnis Selbstachtung zu tanken, so daß dann Wildvogel ihn zwingt, die Frau zu heiraten, die er dann in den Tod treibt., — alles bißchen viel. Ich fürchte, dies kann ich keinem zumuten (außer mir..)

Interessant ist allerdings die frühe emanzipatorische Richtung, die natürlich nur Jesu Wort nachgeht: wer unter euch ohne Schuld ist. Also gegen die sexuelle Doppelmoral. Wie auch das andere Buch ist dieses voller Mann-Frau Machtkämpfe, ja, die sind zentral, weil hier die Frauen entweder durch Kultur (Pfarrer)  oder durch Glauben (Wildvolgel) den Männern mit ihrer eigenen Kraft (des Glaubens, der Depression und Wut) entgegentreten. Und dann aber bei Wildvogel, wie ihr Glaube den Trunkenbold eben zu sich hinanziehend rettet: unterwirft sie sich ihrem Gebieter. Das ist zwar sachlich okay, aber man darf das nicht so hinschleimen.

Interessant allerdings das Thema der bindungs-unwilligen Frau. Sie wird entzückend dargestellt, ganz von innen raus, und das Buch ist doch ein Erziehungsroman, der sie reifen läßt. Diese Bindungs-Unwilligkeit einer Künstlerin ist ganz modern, das ist die Kehrseite der Entwicklung zur eigenständigen Persönlichkeit, die schon Fichte förderte und Kant im Ruf nach Emanzipation immerhin von Ferne andachte, so wie das ja im Adel immer schon Usus war. Das hat sich dann im 19. Jh. verbürgerlicht. Alles gut, aber dann will die Frau doch auch den Mann als Mann fühlen – und das gibt Kämpfe. Jener erste Mann, Viktor, war ja selbst Künstler und eher softie, und auch der hat sie erst auf dem Sterbebett rumgekriegt.

Bindungs-unwillig sind auch Lisa in Dostojewskis Dämonen und Nastassija im Idioten, aber gerade nicht als moderne Frauen, sondern als Opfer der männlichen Ausbeutung und resultierendem Selbsthass beider.

Interessant im Wildvogel auch der moralische Rigorismus (Max muß die Geliebte heiraten und soll sie halt „heben“), der ohne Gott in die Katastrophe führt.  Man hat hier eine Weiterentwicklung des Fontane Themas, wo allerdings mit Spitze gegen den Adel die Geliebten aus dem Volk immer die besseren Menschen sind, nur halt nicht anerkannt werden. Bei Beskow realistischer die Unterschiede in der Bildung, die eine Heirat undurchführbar machen. Ulkigerweise ist Fontane, der nur das Herausfallen aus der Gesellschaft als Risiko sieht, hier weniger realistisch, eher romantisch, als Beskow (die ja später lebte…). Also der Unterschied der Gesellschaftsschichten hier erkannt als unüberbrückbar, und sowieso war die Verbindung hier nicht eine aufgrund Erkenntnis wahrer Liebesfähigkeit, sondern ein Bedürfnis nach Kompensation des abgelehnten Sohnes.

 

Info

Seiten150
AutorBeskow, Elsa

Kommentare

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