Dostojewski, Fjodor – Die Dämonen (Die Besessenen)

(1873 | 840 S.)

Die Dämonen ist ein 1873 veröffentlichter Roman von Fjodor Dostojewski. Der Titel wird oft auch als Böse Geister, Die Teufel oder Die Besessenen übersetzt. Das Buch beschreibt das politische und soziale Leben im vorrevolutionären Russland des späten 19. Wikipedia

Meinung

Cornelia meint:

Positiv bei allen Werken von D ist für mich die Penetranz, mit der er mich auf die Eitelkeit als Ur-Motiv aller Probleme stößt. All diese Leute leiden unter dem nicht-wahrgenommen-Werden. Und das macht sie kaputt. Sowas ist immerhin hilfreich, damit ich bei mir selbst mal gucke, wie oft ich von diesem Dämon geritten werde.

Das Bild mit den Schweinen, in die die Dämonen reingehen, trifft wohl auf diese blöden Revolutionäre zu, aber ebenso, so meine ich, auf all jene, die in der Eitelkeit verharren, so daß selbst ihr Gutes Tun nix Gutes bewirkt. Warwara, die sich um diesen literarischen Hauslehrer kümmert, ist da kennzeichnend.

Das Buch ist mir interessant für die Frage, wie es zur Revolution kommen konnte. Nicht so sehr, wie die Christen sich da reinziehen ließen, sondern wie chaotisch und böse das Ganze entstehen konnte. Die Christen sind dadurch beteiligt, daß sie halt keine mehr sind. Sie sind allesamt in den oberen Klassen veräußerlicht. Und genau darum nicht mehr beschützt gegen die Versuchung zur Sünde. Und wie Nikolaj, Sohn von Warwara und bewunderte Lichtgestalt mit bösen Leichen im Keller, so schön zeigt: Erst kam die verpfluschte Jugend ohne richtige Führung unter diesem ulkigen und auch etwas schwuligen Hauslehrer Stephan (der eine Gegen-Hauptrolle spielt als Eitelkeits-behinderter Intelligenzvertreter, der nur zum Idioten wird), dann die Langeweile und die große Begegnung mit dem Teufel in der eigenen Seele, der Sünde am kleinen Mädchen. Damit ist der junge Mann hin. Und alles Gute in ihm wird ihm weggeschnappt durch die Verpackung im Selbst-Haß.

Und der Sohn von Stephan, Peter, wird zum leibhaftigen Teufels-Werkzeug, der auch alles mißversteht und verdirbt. Hier wie in den Brüdern Karamasow ist ein Problem, daß ein Mord gelegen kommt und darum von dort Iwan wie hier von Nikolaj nicht energisch genug verhindert wird. In beiden Fällen entsteht so Schuld, weil man es ja doch auch gewollt hat und geschehen ließ. Auch hier kommen die Frauen nicht gut weg, allesamt sind sie Karrikaturen des gut Gewollten und dominant und darum verderben sie alles.

Ich würde dieses Buch wegen der Beichte des Nikolaj mit dem Mißbrauch an Matrjuschka nicht für JG nehmen, sondern nur für Erwachsene mit theologischen und historischen Interessen.

Das Buch hat schon eigentlich ein geistliches Thema, schön am Gespräch mit Tichon und der Evangeliumsverkäuferin, bei der sich Stephan am Ende läutert. Aber alles wird überlagert von Problemen mit Russlands Identität und dieser endlosen Eitelkeitsschleife, in der jeder drinhängt. Fast jeder. Dascha nicht und Schatow nicht und Kirillow nicht, alle anderen aber schon.

Das eigentliche Fazit ist aber, daß Leute, die keine Arbeit haben, unbedingt kaputtgehen müssen, und das wußte schon Paulus. Nein, erhebend ist dieses Buch nicht.

Immerhin meinte der Autor selbst, „Wer sein Volk und sein Volkstum verliert, der verliert auch den Glauben seiner Väter und seinen Gott. Wenn Sie es also wissen wollen – das ist eben das Thema meines Romans.“

Lavrin zitiert eine Beurteilung als „Buch des großen Zorns“ gegen die jüngere Generation, die Nihilisten der 60er.

HS

Info

Erscheinungsjahr19. Jh., 2. Hälfte
Seiten> 600
AutorDostojewski, Fjodor

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