Goethe, Johann Wolfgang von – Stella

(1776 | 60 S.)

Stella ist ein Trauerspiel in fünf Akten von Johann Wolfgang von Goethe. In den Jahren 1803 bis 1805 aus der Erstfassung von 1775 hervorgegangen, kam das Stück am 15. Januar 1806 in Weimar zur Uraufführung. Der Druck lag 1816 vor. Wikipedia

Meinung

Cornelia meint:

Erste Reaktion: Hier werde ich zur Feministin. Ein Mann, der seiner Verantwortung für Frau und Kind entflieht, weil, nun ja, die beiden ihn ein wenig langweilen, ver/entführt ein behütetes Mädchen, verwöhnt es, wird von Schuldgefühlen über seine unversorgte Familie geplagt, verlässt sie kommentarlos, sucht die Familie, findet nirgends, geht aus Trauer zu den Soldaten… und kommt grad in dem Moment zu seiner kleinen, vor Sehnsucht dahinsiechenden Stella zurück, als die seine Tochter samt Mutter wegen Seelenverwandtschaft und vergleichbaren Schicksalen bei sich aufnehmen will. Großes Erkennen, Identität des Vermissten, Schmerz Herz, Großmütige Verzeihung der Damen, die weiterhin lieben. Dann zwei Schlussversionen: in der 1806er stirbt Stella an gebrochenem Herzen und Fernando erschießt sich im Garten. In der 1775er sollte nach dem Vorbild des Grafen von Gleichen (der seine morgenländische Befreierin aus dem Morgenland mitbringt) eine Menage zu dritt geben, was das Publikum nicht goutierte.

Ne. Biographisch eine Selbstbefreiung von Schuldgefühlen gegenüber den beiden verlassenden Liebenden, Friederike und Lilli. Okay. Aber inhaltlich:  Diese „Ersetzung der Bindung der Liebe an die Tugend durch die Sprache des Herzens“, wie ein Rezensent meinte, ist eine böse Perversion der Christlichen Lehre der Zugeordnetheit der Frau auf den Mann. In Wahrheit sind beide zuallererst auf Gott zugeordnet, und nur in diesem Rahmen, d.h. im Bemühen um die eigene Berufung zur Vergöttlichung, dürfen Frauen ihrer Liebe folgen. Und damit ist auch der Feminismus wieder in seine Schranken gewiesen.

Grundfehler: Hier wird die Liebe der Frauen verabsolutiert. Damit werden sie zu quasi-gekreuzigten Gott-Frauen, während die Männer den Bubi machen. Vielleicht ist es nützlich, sowas mit jungen Menschen zu lesen: Gegen die Verabsolutierung der Leidenschaft.

Noch ein Grundfehler: dies Stück als Protest gegen eine platte Moral-Funktionalisierung der Kunst zu setzen: Wie immer gibt es ein drittes: ein Leben auf Vergöttlichung hin durch Gott, nicht durch eigenes Genie, wie die Schlange im Paradies flüsterte. Hier haben wir die Wurzel der Verfehltheit auch der Sturm und Drang Ästhetik.

JG-

Info

Erscheinungsjahr18. Jh., 2. Hälfte
Seiten< 100
AutorGoethe, Johann Wolfgang von

Kommentare

Kommentar zu: Goethe, Johann Wolfgang von – Stella.

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