Kästner, Erich – Emil und die drei Zwillinge / Das doppelte Lottchen

(1934/1949 | je 170 S.)

Meinung

Cornelia meint:

Emil und die drei Zwillinge

Das Buch beginnt und endet mit Emils Leiden an der Tatsache, dass seine Mutter wieder heiraten will. Er weiß nicht, dass sie es als Opfer für ihn tut (um ihm den Weg ins eigene Leben zu ebnen) und verbirgt vor ihr, dass er entsetzlich eifersüchtig ist, aber bereit, ihrem (vermeintlichen) Lebensglück das seine aufzuopfern. Allerdings, wie die Großmama erkennt, ist er nicht imstande, dieses eigene Opfer mit Freude zu verbinden (Kunststück, der Junge ist ca 14!). Behutsam weist sie ihn auf den Weg zur richtigen Entscheidung, zu der er sich mannhaft durchringt. Da wird diesem Jungen schon eine schwere Bürde der inneren Reifung auferlegt. Mir ist das einen Tick zu viel.  Sowieso finde ich diese Mutterbindung Emils zwar nachvollziehbar (Papa starb halt früh), aber schwer erträglich. 

Hauptsächlich aber geht es um die Jungengruppe, deren Geschichte (aus „Emil und die Dedektive“) grad als Film herauskommt, und die während gemeinsamer Sommerferien eine Hundsgemeinheit (Kindesaussetzung) verhindern und dem verlassenen Akrobatenkind einen guten Start sichert. Den hätte dieser lebenstüchtige Kerl zwar gar nicht gebraucht, aber, wie die Großmama klar macht: gute Taten haben einen inneren Wert.

Ansonsten viel Kitsch, und die Art, wie die Hausangestellte von den Jungs behandelt wird, wie dieselbe überhaupt als „gutes Tier“ erscheint, legt sich mir bös auf den Magen. Auch das perfekte Justizrat-Elternpaar erinnert mich peinlich an Tönis unsägliche Conni-CDs, wo auch die Eltern immer alles richtig machen, während Töchterchen rummault. Da schleift Kästner gegen all die falschen Erzieher eine eigene Axt.

Das doppelte Lottchen

Die Eltern ließen sich scheiden, aus egoistischen Motiven (wobei besonders der Künstlervater schlecht wegkommt), und die Kinder – verteilt auf Papa und Mama – müssen es ausbaden. Ein Zufallstreffen bei einer Ferienfreizeit, und sie merken, was ihnen alles vorenthalten wurde. Ein Vater – eine Mutter  – die Schwester. Mit großer Kühnheit und Klugheit tauschen sie bei der Rückreise die Rollen, jede kann dem fremden Elternteil wertvolle Erkenntnisse vermitteln. Am Ende hilft aber nur die schwere Erkrankung eines der Kinder gegen die Gefahr einer neuen Heirat des Vaters, und die Eltern finden wieder zusammen.

Das ist großartig, wenn auch wieder einiger Kitsch (die Mutti wird immer als „junge Frau“ vermarktet und kann somit gerade noch die teuflische Nebenbuhlerin ausstechen, die – wie alle Nebenfiguren, ziemlich schematisch daherschaut.) Das ist wie das Krokodil im Puppenspiel, – also Literatur ist das nicht. Auch die Angestellte Resi beim Vater in Wien ist so eine Staffagepuppe, und ich entdecke in mir eine wirkliche Intoleranz gegen das von oben herunter lächerlich-Machen einer schlichten bäuerlichen Seele. Gewiss, sie hat Geld geklaut und geheuchelt, und man hält ihr die mangelnde Aufsicht zugute. Aber irgendwas an Kästners Ton missfällt mir. Bin ich bei diesen alten Büchern empfindlicher als bei den neuen? Ich muss da mal aufpassen.

Bewegend, wie wenig die Kinder früher ein Gefühl für ihre Grundrechte hatten. Und wie Kästner für solche Grundrechte kämpft. Das Blöde ist nur, sobald man den Kindern beibringt, für ihre Rechte zu kämpfen, fliegen die zugehörigen Pflichten zum Fenster hinaus.

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 1. Hälfte
Seiten100-300
AutorKästner, Erich

Kommentare

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