Lafayette, Madame de – Die Prinzessin von Clèves (1678)

(1678 | 370 S.)

Die Prinzessin von Clèves, auch Die Prinzessin von Cleve, ist ein historischer Roman von Marie-Madeleine de La Fayette. Er wurde 1678 in Paris anonym veröffentlicht. Wikipedia

Meinung

Cornelia meint:

Geschrieben als Gruppenprojekt und Salon-Produkt  gemeinsam mit Larochefoucault (um den aus seiner Alters-Depression zu befreien) und einem literarischen Sekretär, Segrais, aus der Nachbarschaft (um den ein bisschen zu heben und insgesamt) um die Langeweile von Leuten zu vertreiben, die von der Notwendigkeit zu arbeiten (jenem heilsamen Fluch bei der Vertreibung aus dem Paradies) befreit sind. Die Handlung spielt in der Zeit Franz II, also 16. Jahrhundert, und die drei bereiten den Stoff mit Hilfe gründlicher historischer Studien auf. Man kommt eigentlich ohne genealogische Landkarte nicht aus, aber selbst das hilft nicht wirklich, denn am Ende haben die Autoren die Namen wild herumgetauscht, so dass alles in Verwirrung bleibt.

Es geht also um Liebe, und das etwas ermüdend gründlich. Tugend gegen Leidenschaft. Im Hintergrund der Krokodilteich des französischen Hofs, – eine faszinierende Lebenswelt, die mir doch eher in das 17. Jh zu passen scheint, aus dem sich die Erfahrungen der Autoren speisen. Aber egal. Im Mittelpunkt stehen die ungeheuer tugendsame Prinzessin, die anfangs viel zu früh (mit 16) an einen edlen Mann verheiratet wird, den sie nicht lieben kann, weil sie noch gar nicht weiß, wie sowas geht, ihr ebenso idealischer aber dann doch nicht seelenstarker Ehemann und der Herzog von Nemours, der von seinem Lotterleben durch die Liebe zu diesem Engel verwandelt und geheilt wird, was ihm aber nichts nützt, denn anstatt die Verheiratete brav und entsagungsvoll in Ruhe zu lassen, stürmt er ihr ständig – und letztlich glücklicherweise erfolglos – hinterher. Die hat nämlich Feuergefangen, und als sie merkt, dass ihre Widerstände schwach werden, sucht sie einen Ausweg im Geständnis ihrem Mann gegenüber. Und dieser, obwohl er solche Ehrlichkeit früher (wie ein Proto-Sartre) als bewundernswert gelobt hat, kommt mit der Wahrheit nicht zurecht und stirbt. Weshalb die frei gewordene Witwe sich schuldig an seinem Tod fühlt (auch den Herzog, der dumm geplappert hatte) und sich in ein klösterlich-ländliches Leben zurückzieht.

Offenbar war ein solcher Seelenroman damals was Neues, wobei allerdings die Sache mit dem Geständnis unter den Lesern umstritten blieb. Psychologisch nicht ganz stimmig, denn ihr Rückzug vom Herzog wird über-motiviert: einerseits ist der mitschuldig am Tod des Ehemannes, andererseits ist sie klug genug zu wissen, dass solche Leidenschaften nur vom Widerstand leben. Sie will sich den Kummer späteren Betrogenwerdens ersparen. Damit verwandelt sich der Gegensatz Tugend-Leidenschaft in den von Vernunft-Leidenschaft, was nicht mehr ganz so rührend ist.

Bleibend interessant ist sicher die Frage, wie sich die Gefühle mit dem Ethos der Wahrhaftigkeit überein bringen lassen. Wir haben da Beichtväter!

Info

Erscheinungsjahr17. Jh., 2. Hälfte
Seiten300-600
AutorLafayette, Madame de

Kommentare

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