Hearn, Lavcadio – Lotos

(um 1900 | 177 S.)

Lafcadio Hearn erklärte dem Westen Japan. In seinen an der Wende zum 20. Jahrhundert entstandenen Werken gelang es ihm wie keinem anderen westlichen Schriftsteller, tiefe Einblicke in die durch den … Google Books

Meinung

Cornelia meint:

Mein erster Tag in Japan

Er ist also verzaubert. Aber es tut mir weh, wie er in einem Buddha Tempel eine Gabe auf den Altar legen will. Der Schüler dort fragt: bist du Christ? Und er sagt: nein. Bist du Buddhist? Und er mümmelt sowas, dass er die Schönheit seiner Lehre und die Gläubigkeit seiner Anhänger verehrt. Das tut weh. Es ist auch eine Mahnung an uns.

Orth

Jizo

Er bewundert die Heiterkeit der buddhistischen Religion. Nichts Finsteres, Strenges, Asketisches, nichtmal Feierlickeit. Alles leicht und fröhlich.

Naja, aber die Kleinen Kinder kommen doch an einen Ort der Unrast, wo die Dämonen ihre Steintürme bauen, um für die Eltern zu beten, und sie müssen eine lange Buße ableisten, – obwohl der Jizo ihnen hilft und sie tröstet.  Und doch weinen sie immer.

Immerhin, nur der Shintoismus hat Unheimliche Geister. Aber die Buddhistischen Kinderbilder findet Hearn rührender als die Christusbilder. Tja, wir haben Gottesfurcht als Element unserer Gottesliebe, bei uns ist alles ernst und auf Überwindung von Welt und Tod gerichtet. Dagegen findet Hearn ein schönes Bettlerkind und wünscht ihm eher Tod als das Leben. Und es gibt einen Kobold-Richter. Und eine Hölle gibt es eh, so biestig wie nur irgendein Hieronymus Bosch sie malen konnte.

Man sollte das mit Jugendlichen als Impfung gegen den Buddhismus lesen.

Jg

Bon Odori

Reise ins Shinto Land. Schönheit und Herzensgüte. Eine Welt, in der immer alles gleich geblieben ist. Nix Fortschritt, sondern Bewahrung. Ist es das, was diese Liebenswürdigkeit unter den Menschen gepflegt hat? Diese Andacht bei allen Tätigkeiten, dieses Ruhen im immer Gleichen. Ist das eine andere Sorte Mensch? Wie könnte man ihnen Christus nahebringen? Sie haben das Wesentliche, den Tod, durch die Hoffnung auf Wiedergeburt seines Schreckens beraubt. Sie brauchen Christus nicht. Kommt mir jetzt der Gedanke, dass es womöglich sogar schade wäre, sie zu missionieren? Fange ich an zu denken, dass auch die heilige Dreiheit ein Eckchen für Buddha und Shinto hat? Anathema. Ein ganz altes Japan, von keinem Europäer je gesehen. Der berückende Tanz der Mädchen. Die süße Stimme der Erde.

Warum macht mich diese Schönheit, Verzauberung und Begeisterung so traurig? Weil sie die Erinnerung an unsere göttliche Schöpfung und unser Ziel der Vergöttlichung verdunkelt. Man kann sowas jungen Leuten zu lesen geben nur dann, wenn sie bereit sind, das vollständige Bild sich zu erarbeiten, nicht nur einem müden Europäer hinterherdackeln, der Christus nie erlebt hat. Man muss wirklich das Weinen der toten Kinder im Kopf halten. Da ist nicht alles hell.

Jg

Kizuki, der ur-älteste Schrein Japans

Ziemlich alles, wie schon das Vorangehende, ein wirksames Einschlafmittel. Aber dann kommt auf den letzten zwei Seiten eine inhaltliche Klärung: Hearn hat in das lebendige Zentrum des Shintoismus blicken dürfen, wo „der Lebenspuls des uralten Glaubens im 19. Jh noch eben so mächtig pocht, wie je in jener alten grauen Vorzeit…“ Der Buddhismus ist aus der Fremde dazugekommen, hat sich immer dem Neuen angepasst und ist dabei schwächer geworden. Aber der Shintoismus ist unwandelbar und bleibt mächtig. Der Buddhismus „hat eine weitreichende, umfangreiche Theologie, eine tiefe Philosophie, eine Literatur groß wie ein Meer.“ Der Shintoismus hat nichts dergleichen „und durch eben diese seine Immaterialität kann er der Invasion der abendländischen religiösen Gedanken weit mehr Widerstand leisten wie irgend ein anderer Glaube des Morgenlandes. Der Shintoismus reicht der Wissenschaft des Abendlandes die Willkommshand entegegn, aber er bleibt der unerschütterliche Gegner seiner Religion.“ Fremde Zeloten kämpfen hier vergeblich gegenan.  Manche sehen bloß einen Ahnenkult, andere dies plus Naturanbetung, andere sehen gar keine Religion. Für Missionare ärgstes Heidentum.  Es gibt alte Bücher, „Aber der Lebensodem des Shintoismus ist weder in seinen Büchern noch in seinen Riten oder Gebeten zu finden, sondern im Herzen der Nation, dessen höchster gefühlsmäßig religiöser Ausdruck er ist, unsterblich in ewiger Jugend“. Unter der Oberfläche von Aberglauben, Mythen und Magie „lebt eine mächtige spirituelle Kraft, die Seele einer Rasse mit allen ihren Impulsen, Kräften und Intuitionen“ Man muss „jene geheimnisvolle Seele ergründen, in der das Gefühl des Schönen, die Macht der Kunst, das Feuer des Heldentums, der Magnetismus der Loyalität und das religiöse Empfinden inhärent, immanent, unbewußt und instinkiv geworden sind.“

Hearn stellt eine seltsame Ähnlichkeit mit der Seele der alten Griechen fest und hofft, selbst auf den „Weg der Götter“ zu kommen.

Solche Sätze zwingen zum Nachdenken. Stets bleibt auch hier das Alleinstellungsmerkmal der Christen das Kreuz und die Überwindung des Todes. Der Shintoismus überwindet den Tod nicht.

Orth

Kusa-Hibari

Sehr empfindsame Geschichte über ein gefangenes Heimchen und seinen Tod

GK Mädchen

Info

Erscheinungsjahr20. Jh., 1. Hälfte
Seiten100-300
AutorHearn, Lavcadio

Kommentare

Kommentar zu: Hearn, Lavcadio – Lotos.

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