1 Tim 2,4
Das ist recht und wohlgefällig vor Gott, unserem Retter; Er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.
Gott will, daß alle gerettet werden:
Nur die Vereinigung mit Gott ermöglicht wahre Eintracht unter Menschen.
Das Pfingstereignis hat die ursprüngliche Einheit aller Menschen in Adam (der jene Verbundenheit mit Gott ursprünglich erfuhr) für einen Moment als Möglichkeit erlebbar gemacht. Sie wurde bewirkt durch die vereinigende Liebe der Heiligen Dreiheit
1 Kor 1,10
Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, daß ihr alle dasselbe redet und nicht Spaltungen unter euch seien, sondern daß ihr in demselben Sinne und in derselben Meinung völlig zusammengefügt seiet.
Zwei Bilder beleuchten hierbei die Christus-Zentriertheit kirchlicher Eintracht:
a) Kirche als Engels-Turmbau
Hermas Der Hirte Buch I – III-III 3
Der Turm, den du bauen siehst, bin ich, die Kirche.
Hermas Der Hirte III-IX-XII 1-3
„Der Felsen und das Tor bedeuten den Sohn Gottes.“ „Wie aber, o Herr, kommt es, daß der Felsen alt, das Tor aber neu ist?“ „Merke auf und begreife es, du Unverständiger. 2. Der Sohn Gottes ist älter als seine ganze Schöpfung, so daß er auch der Ratgeber seines Vaters bei seiner Schöpfung sein konnte; deshalb ist er (der Felsen) auch alt.“ „Warum aber ist das Tor neu, Herr?“ 3. Weil er (der Sohn) sich erst in den letzten Tagen der Erfüllung geoffenbart hat; deshalb ist das Tor neu, damit die, welche das Heil erlangen sollen, durch dasselbe in das Reich Gottes gelangen. 4. Hast du gesehen, wie die durch das Tor hereingekommenen Steine für den Bau des Turmes [verwendet wurden], die anderen aber, die nicht durch das Tor gekommen waren, wieder an ihren Platz zurückgebracht wurden?“ „Ja, Herr.“ „So wird niemand in das Reich Gottes gelangen, wenn er nicht den Namen seines Sohnes annimmt.
zeigt ein Gebäude, das auf Christus als dem Welt-umfassenden Felsen erbaut wird und nur durch das Tor des Fleisch gewordenen Christus betreten werden kann.
In deutlichem Gegensatz zum Turmbau zu Babel sind es hier nicht Menschen, die unabhängig von Gott zum eigenen Ruhm arbeiten, sondern Engel wirken auf Gottes Gebot
Hermas Der Hirte I-III-II 5ff
5. Im Viereck aber wurde der Turm aufgeführt von den sechs Jünglingen, die mit ihr gekommen waren; aber außerdem trugen unzählige Männer Steine herbei, die einen aus der Meerestiefe, die anderen von der Erde, und übergaben sie den sechs Jünglingen; diese nahmen sie in Empfang und setzten sie in den Bau. 6. Die aus der Tiefe heraufgezogenen Steine fügten sie alle so in den Bau; denn sie eigneten sich so und paßten in den Mauerverband mit den übrigen Steinen; sie wurden so untereinander verbunden, daß man die Fugen nicht sah. Es schien, als ob das Gefüge des Turmes aus einem Stein hergestellt sei. 7. Von den anderen Steinen, die sie von der trockenen Erde holten, warfen sie einen Teil weg, den anderen fügten sie ein in den Bau; wieder andere schlugen sie zusammen und warfen sie weit weg vom Turme. 8. Und wieder andere Steine lagen in großer Zahl rings um den Turm, aber sie verwendeten sie nicht für den Bau; einige von ihnen hatten Flecken, andere hatten Risse, andere waren verstümmelt, andere waren glänzend und abgerundet, so daß sie in den Bau nicht paßten. 9. Auch sah ich, wie einige Steine weit vom Turme weggeschleudert auf den Weg fielen, aber in demWege nicht liegen blieben, sondern weiter rollten vom Weg auf unwegsamen Boden; andere sah ich ins Feuer fallen und verbrennen; endlich sah ich, wie einige nahe am Wasser niederfielen, wie sie aber nicht ins Wasser weiterrollen konnten, obwohl sie weiter springen und ins Wasser fallen wollten.
Hermas Der Hirte III-IX-XII 4
Hast du gesehen, wie die durch das Tor hereingekommenen Steine für den Bau des Turmes [verwendet wurden], die anderen aber, die nicht durch das Tor gekommen waren, wieder an ihren Platz zurückgebracht wurden?“ „Ja, Herr.“ „So wird niemand in das Reich Gottes gelangen, wenn er nicht den Namen seines Sohnes annimmt.
Diese Kirche stellt nicht so sehr einen Wohnraum dar, in dem ihre Glieder unterkommen und es sich, gut geschützt, behaglich machen könnten. Vielmehr dienen diese Glieder selbst als Bausteine. Ihre Verwendbarkeit als Bausteine hängt von ihrem Christus-gemäßen Leben ab.
Insofern wird jeder Baustein im Tempel des Herren nach…
Eph 2,19-22
Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Eckstein ist Christus Jesus selbst. In ihm wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr zu einer Wohnung Gottes im Geist miterbaut.
… selbst zum Tempel des Herrn und das Kirchen-Gebäude erscheint als ein Tempel aus lauter Tempeln.
Ein wenig befremdlich mag scheinen, daß das ganze Gebäude „monolithisch“ vorgestellt wird, wie aus einem Stein erbaut: (Hermas I-III-II 6). Wo bleibt da der Reichtum verschiedener Persönlichkeiten?. Aber es geht hier gar nicht um Diversität sondern um Gebotsgehorsam, und insofern ist Fugenlosigkeit natürlich wünschbar. Ansonsten verlangt die Kirche keine Einförmigkeit von Ideen, Überzeugungen oder auch Verhaltensweisen. Denn:
b) Kirche als organisches Miteinander der verschieden Geschaffenen und Beschenkten
Noch deutlicher wird der Aspekt aktiver Mitwirkung in Paulus‘ Bild der Kirche als Leib.
1 Kor 12,12 f.
Denn wie der Leib einer ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden: So ist es auch mit Christus. Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt.
Mit vielfältig verschiedenen Gaben –
Kor 12,4-11
Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt. Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem anderen durch denselben Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln, einem anderen in demselben Geist Glaubenskraft, einem anderen – immer in dem einen Geist – die Gabe, Krankheiten zu heilen, einem anderen Kräfte, Machttaten zu wirken, einem anderen prophetisches Reden, einem anderen die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem anderen verschiedene Arten von Zungenrede, einem anderen schließlich die Gabe, sie zu übersetzen. Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will.
einer trotz sozialer Würde-Unterschieden gesicherten geistlichen Ebenbürtigkeit
1 Kor 12,22 ff.
Im Gegenteil, gerade die schwächer scheinenden Glieder des Leibes sind unentbehrlich. Denen, die wir für weniger edel ansehen, erweisen wir umso mehr Ehre und unseren weniger anständigen Gliedern begegnen wir mit umso mehr Anstand, während die anständigen das nicht nötig haben. Gott aber hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem benachteiligten Glied umso mehr Ehre zukommen ließ, damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig füreinander sorgen.
und einer durch gegenseitige Abhängigkeit gesicherten gegenseitigen Fürsorge, die jede Spaltung verhindern soll
Kor. 12:18-21, 25-26
Nun aber hat Gott jedes einzelne Glied so in den Leib eingefügt, wie es seiner Absicht entsprach. Wären alle zusammen nur ein Glied, wo bliebe dann der Leib? So aber gibt es viele Glieder und doch nur einen Leib. Das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht. Der Kopf wiederum kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche euch nicht.
…damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig füreinander sorgen. Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit.
Dabei betont das Bild des Leibes die Inkarniertheit unseres Glaubens, unsere Berufung zur Heiligung von Leib und Seele, and die konkrete und allumfassende Lebensweise der Kirche.
Dieses Bild hat die Kirche vor der Entleiblichung als Senimentalitätsreligion beschützt, die den Christentümern im Westen ab dem 18. Jh wiederfuhr. Zwar hatte Luther recht mit der Betonung der Innerlichkeit des Glaubens, der Herzenserfülltheit. Aber diese alles darf nicht psychisch reduziert verstanden werden, sonst wird am Ende der Leib der beliebigen Verfügbarkeit anheimgestellt: Genau solche Beliebigkeit prägt unsere Moderne. Hier sehen die verbleibenden Frommen ihre Körperlichkeit als Privatsache. Zugleich haben sie das Christentum entkirchlicht haben:
FAZIT
Entleiblichung des Glaubens führt zur Entkirchlichung des Christentums.
Dieser Leib ist Christus als seinem Haupt unterworfen…
Eph 1,22
Alles hat er ihm zu Füßen gelegt und ihn, der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt. Sie ist sein Leib, die Fülle dessen, der das All in allem erfüllt.
… eine Vorstellung, der auch das Bild der von einem Hirten geführten Herde entspricht
Joh 10,14-16
Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe. Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten.
Dieses monarchische Prinzip hat Christus selbst bereits in der Hervorhebung von Petrus (Mt 16:18 siehe oben) als dem „ersten“ unter gleichen Aposteln eingeführt und für das spätere Mit- und Nebeneinander räumlich getrennter Gemeinden als Grundlage ihrer Friedensordnung eingesetzt.
Dabei wird monarchische Vorrangstellung grundsätzlich gegen das Mißverständnis bloßer Machtausübung (sowieso schon bei der Fußwaschung abgelehnt) geschützt: Kirche und Christus stehen sich, einerseits in sehnsüchtiger Vorbereitung, andererseits in fürsorglich heilender Liebe…
Eph 5,25-27
Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, da er sie gereinigt hat durch das Wasserbad im Wort! So will er die Kirche herrlich vor sich hinstellen, ohne Flecken oder Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos.
… als Braut und Bräutigam gegenüber:
Offb 21,9
Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen voll mit den sieben letzten Plagen getragen hatten. Er sagte zu mir: Komm, ich will dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes.
(vgl. auch die 10 Jungfrauen, das Gastmahl zur Hochzeit, bei dem ein Gewand verlangt wird)
Mt 25,1 ff.
Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. Die Törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, die Klugen aber nahmen mit ihren Lampen noch Öl in Krügen mit. Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein. Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen! 7 Da anden die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht. Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus! Die Klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern und kauft es euch! Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen.
Mt 22,1 ff.
Jesus antwortete und erzählte ihnen ein anderes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen. Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Siehe, mein Mahl ist fertig, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um. Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren nicht würdig. Geht also an die Kreuzungen der Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein! Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen. Als der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: Freund, wie bist du hier ohne Hochzeitsgewand hereingekommen? Der aber blieb stumm. Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. Denn viele sind gerufen, wenige aber auserwählt.
All dem entspricht dann auch die Christus-gegründete Gemeinsamkeit der jungen Kirche. Die Gemeinschaft widmete sich mit Hingabe dem Hören der Lehre, den Gebeten im Tempel, dem gemeinsamen Brotbrechen daheim. Ein geradezu Kasernen-artiges Zusammenleben verband Bischöfe, Priester und Diakonen mit der Gemeinde zum gemeinsamen Kämpfen, Leiden, Rennen, Schlafen und Wachen.
Ignatius von Antiochien, Brief an Polykerp VI
1. … Mühet euch miteinander, kämpfet, laufet, leidet, ruhet, wachet miteinander als Verwalter, Genossen und Diener Gottes. 2. Gewinnet die Zufriedenheit eures Kriegsherrn, von dem ihr ja auch den Sold empfanget; keiner werde fahnenflüchtig.
Ihre Gütergemeinschaft gewann die Hochachtung Außenstehender und sicherte bedeutendes Wachstum
Apg 2,44-47
Und alle, die glaubten, waren an demselben Ort und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und teilten davon allen zu, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Lauterkeit des Herzens. Sie lobten Gott und fanden Gunst beim ganzen Volk. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die gerettet werden sollten.
So wichtig waren den Christen ihre die sonntäglichen Versammlungen, sagt Meyendorff (in: Die orthodoxe Kirche gestern und heute), daß sie auch in Zeiten der Verfolgung und trotz ihrer dadurch prekär vergrößerten Sichtbarkeit für Verfolger darauf nicht verzichteten.
Also nix Katakomben…