Wer tut/wem wird getan, was getan werden soll?

Die Kirche kann Trägerin göttlicher Weisheit sein (vgl. Eph 9:3) nur durch Personen, die sich mit Christus persönlich vereinigen.

a) Die Hirten und ihre Ränge
b) Die Herde mit ihren Gaben und Rollen

Wir beschränken uns hier auf jene Glieder der Kirche, denen die Berufung zur Vereinigung, Einigkeit und Einheit im irdischen Bereich aufgetragen ist: Engel und himmlische Heerscharen gehören zwar auch (Meyendorff, Byzantine Theology) zum Leib Christi (und treten zum Cherubimgesang in den Gottesdienst ein), aber ihre Tätigkeit als Bauleute der Kirche bei Hermas geschieht sozusagen überirdisch, und muß hier vernachlässigt werden. Dasselbe gilt von der Gottesgebärerin und allen Heiligen, die liturgisch mit uns feiern.

Trotz der von Paulus beschworenen Ebenbürtigkeit aller Glieder der Kirche besteht ein Unterschied (nicht des Wesens, wie Nicholai Afanassiev betont, sondern des Dienstes) zwischen Hirten und Herde.

a) Die Hirten und ihre Ränge

Die ursprünglichen Leiterfunktionen sind stets auf die Berufung der Kirche zur Vereinigung aller ausgerichtet.

Alle Hirten werden geweiht. Für alle gelten zur Qualifikation  Kriterien der Untadeligkeit und Respektiertheit nach außen, Kompetenz eigener Haushaltsführung.

Der hohe Klerus darf nur einmal heiraten, und das vor der Weihe, die niedrig Geweihten auch nur einmal, dies aber auch nach ihrer. Keiner darf eine Kurtisane, Dienerin, Witwe oder Geschiedene heiraten. Diakonissen bleiben auch entweder jungfräulich oder sind einmal verheiratet.

Nach den Apostolischen Kanonen (um 500 zusammengestellt und im Konzil zu Trullo 692 als apostolisch anerkannt) dürfen auch Bischöfe ihre Frauen nicht wegschicken:

Zugleich sollen sie alle mit weltlichen Dingen nicht befaßt sein

Allerdings kann ein Bischof Vermögen besitzen und behalten

(Heute sind die Bischöfe Mönche, womit sich das Problem erledigt.)

Die Tradition unterscheidet verschiedene Leitungsfunktionen:

1) Apostel und Älteste in ihrem Umkreis

Sie zeichnen sich aus durch Sendung, Verbindung zum Amt der Ältesten und Komplexe Hierarchisierung

I Sendung

Die Apostel werden von Christus Selbst berufen zur Durchführung Seiner eigenen göttlichen Sendung

 So wird ihre Christus-gleiche Autorität und die ihrer Nachfolger begreiflich.

Zunächst galt dies für die bekannten zwölf Apostel: Sie sollen dem Volk Israel das Königreich zu verkünden mit der Autorität, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben,

Später gilt dasselbe für 70 weitere Jünger:

Nach der Auferstehung des Herrn erging an die elf verbliebenen Jünger als neuer Auftrag die Mission bei den Nationen, (vgl. Mt. 28,19)

Anders als die ortsgebundenen Ältesten (und später die Bischöfe), waren die Apostel Wander-Missionare.

Zu ihrer Qualifikation gehörte ganz wesentlich, daß sie mit dem Herrn gewandelt waren:

Oder sie mußten Ihn doch zumindest „gesehen“ und dann erfolgreich gewirkt haben:

(Was wurde eigentlich aus der Flächenmission nach ihrem Tod? Nun, ihr Auftrag ging an die Bischöfe, trotz deren Ortsgebundenheit. Die mußten also Priester beauftragen. Siehe unten)

II Verbindung mit dem Amt der Ältesten

In Jerusalem muß wohl die gesamte Apostelschar (also die 12+70) zugleich jene „Ältesten“ gestellt haben, die die dortige Kirche leiteten, und an die sich z.B. die Kirche in Antiochien in theologischen Streitfragen wandte:

III Komplexe („flüssige“) Hierarchisierung

Einerseits wird Petrus schon von Christus als der „erste unter ihnen“ eingesetzt (vgl. oben Mt. 16:18) und vom Heiligen Geist mit besonderen Erfahrungen ausgestattet

Auch diente er wohl (Meyendorff OCh) als Vorsteher der gemeinsamen liturgischen Mahle.

Andererseits steht dieser Vorrang im Kontext gleicher Autorität aller Apostel: Paulus kann ihn überzeugen.

Drittens scheint Jakobus als erster Ältester die dortige Gemeinde geleitet zu haben und hatte bei der verhandelten Streitfrage das letzte Wort.

Zu dieser Komplexität der Hierarchien gehören auch die wechselseitigen Chirotonien:

So wurden in Antiochien die Apostel Paul und Barnabas von Ältesten, zu denen neben Propheten und Lehrern auch die beiden gehörten, durch jene Ältesten geweiht und ausgesandt

Bei alledem waren die Apostel zwar Väter und Richter,

Sie haben die von ihnen gegründeten Gemeinden regelmäßig besucht und geprüft:

Aber Paul fühlte sich trotzdem im Dienst oft als verachteter Hanswurst

Anfangs geht der Begriff des Ältesten mit dem des Bischofs und – als Presbyter – dem des Priesters terminologisch ineinander. Darum geht es jetzt um

2) Nach-Apostolische Älteste/Bischöfe/Presbyter

Die Apostel, von Christus selbst zur apostolischen Verkündigung berufen und zur Lehre durch Predigten, haben dann ihrerseits in den Missionsgemeinden neue Älteste/ Bischöfe/Presbyter/Priester und Diakone durch den Heiligen Geist eingesetzt

Wichtig für uns heute: Sie sind somit zur Fortführung der apostolischen Sendung berufen und vernachlässigen ihre Pflicht, wenn sie keine Mission treiben.

I Ihre Funktion zur Wahrung der Einheit

Nach Meyendorf OCh dienten Bischöfe lokal und sakramental als Verwalter und Vorsteher der Mahle. So befestigten sie das bereits in Petrus übergemeindlich angelegte monarchische Prinzip auch innerhalb der Gemeinde.

II Ihre Autorität

Als (letztlich) von Gott Selbst Gesandte vertreten sie Gott Selbst (wie zehntausend Päpste!).

Ignatius von Antiochien, Brief an die Smyrnäer VIII-2

Wo immer der Bischof sich zeigt, da sei auch das Volk, so wie da, wo Jesus Christus ist, auch die katholische Kirche ist. Ohne den Bischof darf man nicht taufen noch das Liebesmahl feiern; aber was immer er für gut findet, das ist auch Gott wohlgefällig, auf dass alles, was geschieht, sicher sei und gesetzmäßig.

Dieses „nichts ohne Bischof“ kommt vom Heiligen Geist

Die Analogie Christus-Bischof wurde stets so gedeutet, daß die Kirche vollständig als mystischer Leib Christi in jeder Gemeinde präsent ist.
Meyendorff Living Tradition betont darum den lokalen Charakter der Kirche, die dort den primären Begriff der Nächstenliebe definiert.

III Sukzession der Bischöfe

Die Wahrheit der Kirche beruht auf der in ihr praktizierten apostolischen Sukzession

Die Kirche wahrt die Tradition und pflegt die von Gott geschenkte Liebe

Allerdings gilt hier eine wichtige Einschränkung:

Die so gesicherte Stellvertreterschaft und Repräsentanz für die Gesamtkirche ist kein verfügbarer Privatbesitz, sondern gilt so lange, wie jene das Hirtenamt Christi in Demut untadelig, ruhig, uneigennützig verwaltet haben:

Offenbar war bei Clemens die Welt noch in Ordnung… Heute gibt es da die allseits diskutierten Probleme…

3) Diakone und Diakonissen

Auch sie gehören zum Klerus, werden geweiht. Dakonissen sollen die Frauen besuchen und bei der Taufe helfen.

Zu bedenken: es macht einen Unterschied, ob die Forderung nach Wiedereinführung dieses Amtes durch feministische Bedürfnisse getrieben ist oder durch liturgische. Vielleicht müssen wir mit unserer Zustimmung warten, bis der falsche Feminismus sich mal totgelaufen hat und unsere orthodoxen Frauen (Theologinnen und Matuschki) ihre von Gott gewollte Rolle als Helferin wieder ertragen können.

b) Die Herde mit ihren Gaben und Rollen

1) Sie gehört durch ihren Gehorsam gemeinsam mit dem Klerus zum Weinberg Gottes

2) Und sie ist zugleich in Gott-gewollte Gehorsams-Unterordnung unter den Klerus berufen

FAZIT

Die Bedeutung dieser Herde wird manchmal verkannt, was Folgen hat für unser Verhalten.

Das fromme Gottesvolk entscheidet durch sein kirchliches Leben über die Annahme von Konzils-Beschlüssen als „ökumenisch.“ Die Unionen von Lyon im 13. Jh. Und Florenz und Ferrara im 15. Jh. wurden vom orthodoxen Volk unter großen Protesten abgelehnt. (Noch heute können selbst Patriarchen keine Eigen-Vollmacht beanspruchen, und sie erkennen ihre Grenzen.)

Auch ist es die lebendige Verehrung von Verstorbenen durch die Gläubigen, ihre Erfahrung seiner Wunder, denen die offizielle Aufnahme eines Heiligen in den Heiligen-Kalender lediglich Rechnung trägt. Es ist diese Anerkennung einer in der Verehrung bereits sichtbar gewordenen Heiligkeit, die mit dem Begriff „Kanonisierung eines Heiligen“ gemeint ist.

Wenn Christus, ebenso wie dann auch Paulus, uns auffordern, Sünder und Häretiker zu ermahnen und zu meiden, und wenn Hermes die Kirchenglieder zugleich als Stützen beschreibt, so liegt hier auch für uns Herden-Schafe eine Verantwortung: Wir müssen uns so tief in die kirchliche Wahrheit einleben, daß wir im Notfall zu Hütern dieser Wahrheit werden können. (Hier liegt eines der Motive für unsere Focs- Treffen.)

3) Sie hat ihre Hirten finanziell zu unterstützen.

Damit werden auch die Anspruchsrechte der Apostel bestätigt.

Die Lehrer sollen bezahlt werden

FAZIT

Hier wird erkennbar die Schädlichkeit unserer Situation hier im Westen, wo Priester entweder einem Brotberuf nachgehen müssen und weniger Zeit für die Seelsorge haben, oder ihre Frauen zum Geldverdienen schicken, was deren Aufgabe beeinträchtigt, durch gute Erziehung der Kinder zum Vorbild für die Gemeinde zu werden.

Andererseits machen die Schwierigkeiten, die mit der idealerweise geforderten Gemeindefinanzierung der Priester dadurch entstehen, auf die Unverzichtbarkeit einer Pflege der orthodoxen Mentalität aufmerksam. In den heutigen USA ist die Gemeindefinanzierung üblich, bringt aber eine die Autorität der Priester gefährdende „Finanzmacht“ der Gemeinde mit sich.

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